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zösischen Revolution, die den gesamten Wirtschafts- und Arbeitsprozess revo-
lutioniert habe. Die Vorteile der Entlastung menschlicher Arbeitskraft außer
Acht lassend, bedauerte er, dass die Maschine diese überflüssig gemacht habe.
Durch den technologischen Fortschritt seien auch in den einzelnen Staaten
„Habsucht und Eigennutz in der schlimmsten Art und Weise wirksam ge-
worden“. Dass dadurch steile wirtschaftliche Gefälle zwischen den Menschen
entstanden seien und vor allem dass der Politik die Herrschaft über die Wirt-
schaft entglitten sei, bereitete ihm Sorge. Er warnte vor dem Abbau mensch-
licher Arbeitskraft und forderte Maßnahmen zur Steigerung der Kaufkraft.628
Lapidar bemerkte Felix Klezl, „heute“ [sc. 1934, E. K.] habe der Mensch
gegenüber der Maschine dieselbe Funktion wie früher das Werkzeug ge-
genüber dem Menschen – nicht ohne auf die sozialen Auswirkungen dieses
Faktums hinzuweisen.629 Er teilte Spanns Überzeugung vom „Hochmut“ der
exakten Wissenschaften und ihrer „Unfruchtbarkeit“ und Nichtanwend-
barkeit auf den gesellschaftlichen Bereich.630 Gertrud Spinnhirn bedauerte,
dass es zu einer Verdrängung des Menschen durch die Maschine gekommen
sei, zum Schaden der ländlichen Sozialstruktur.631 Sie sprach sich zwar nicht
gegen jede Rationalisierung der Landwirtschaft aus, aber die Maschine solle
der landwirtschaftlichen Produktion dienstbar gemacht werden.632
Johann Staud sah die Kehrseite des technischen Fortschritts darin, dass
er „immer mehr rationalisierte Großbetriebe, in denen für den Berufsgedan-
ken kein Platz mehr vorhanden war“, geschaffen habe.633 Für Franz Wasch-
nig hatte die „überstürzte Anwendung technischer Neuerungen nicht zum
Fortschritt, sondern zu einem Rückschritt“ geführt.634 Hermann Stipek
störte es berichten zu müssen, dass er von Seiten der Bürokratie wegen sei-
ner Auffassung, der zunehmende Einsatz von Maschinen werde einst Mas-
senarbeitslosigkeit zur Folge haben, belächelt worden sei.635
Arthur Seyss-Inquart brachte den technischen Fortschritt mit „Amerika-
nismus“ in Zusammenhang, eine Haltung, die er für kaum minder gefährlich
hielt als den Bolschewismus. Ihr Kennzeichen sei, so die wenig selbstkriti-
sche Formulierung von Hitlers Reichskommissar in den Niederlanden, die
„Freiheit der rücksichtslosen Ausbeutung des Nebenmenschen“.636 Demge-
628 struber, Österreichs Wiederaufbau, 17–21.
629 KleZl, Beruf, 83 f.
630 sPann, Wahrer Staat, 78 f.; vgl. schneller, Zwischen Romantik und Faschismus, 75.
631 sPinnhirn, Agrarpolitik, 54 f.
632 sPinnhirn, Agrarpolitik, 37 und 42.
633 staud, Berufsauffassung, 5.
634 waschniG, Wirtschaftsreform, 19.
635 stiPeK, Das Werden, 9.
636 seyss-inQuart, Vier Jahre, 190 f.
5.6 KULTIVIERUNG PERSONALER WERTE 275
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580