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Zeßner-Spitzenberg war Schriftführer und Referent für Kulturpolitik.
1928 bildete sich die sogenannte Liechtensteinrunde, die monatliche Dis-
kussionsabende veranstaltete und zunächst mit den Heimwehren, ab 1934
mit der VF zusammenarbeitete.791 Im Oktober 1936 gab sich der Reichsbund
neue Statuten; Zeßner-Spitzenberg wurde Vizepräsident, bei einer Umbe-
setzung im März 1938 wiederum Kulturreferent.792 Spätestens damals ging
vom Reichsbund eine gewisse Opposition gegen die Regierung aus, weil de-
ren Deutschlandpolitik auf Widerspruch stieß.793
Eine im engeren Sinn politische Gruppe des Legitimismus war die von
Oberst Gustav Wolff gegründete Partei aller Schwarzgelben Legitimisten
(SGL).794 Sie ging in Zeßner-Spitzenbergs Augen in ihren Forderungen aller-
dings zu weit. 795 Im Dezember 1922 fand eine Pressepolemik zwischen ihm
und Wolff statt. Der Freiherr lehnte den „Kampfton“ radikal-legitimistischer
Kreise ab.796 1926 erklärte er aber, es bestünden keine Reibungen; es kam
denn auch zur Versöhnung.797
1927 gründete Zeßner-Spitzenberg zur Wiederbelebung des österreichischen
Selbstbewusstseins zusammen mit Alfred Missong798 und Ernst Karl Winter
(Kap. 3.4) die Österreichische Aktion. Am Vorbild der Action Française orien-
tiert, aus deren Reihen bekannte Vertreter der personalistischen Philosophie
hervorgingen, standen im Wertekanon dieser „Idee- und Tatgemeinschaft“799
Persönlichkeit und Familie an oberster Stelle. Die Herrschaft des Fürsten über
den Staat entsprach der Ausdehnung der Autorität des Vaters über die Fami-
lie, und wie diese sah man das Gemeinwesen als organisches Gebilde. Daher
war die Monarchie die einzige in Frage kommende Staatsform.800 1928 schuf
Zeßner-Spitzenberg mit der Arbeitsgemeinschaft österreichischer Vereine für
rund zwei Dutzend legitimistischer Gruppen eine straffere Organisations-
struktur.801 Ab 1929 erschien jährlich das Kaiser Karl Gedächtnis-Jahrbuch,
dessen verantwortlicher Redakteur ebenfalls Zeßner-Spitzenberg war.802
791 F. waGner, Legitimismus, 35–40.
792 F. waGner, Legitimismus, 43–45.
793 thaler, Legitimismus, 71.
794 F. waGner, Legitimismus, 26.
795 neuhäuser, Legitimismus, 32 f.; K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 62.
796 F. waGner, Legitimismus, 106.
797 F. waGner, Legitimismus, 181–185.
798 Zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus vgl. KuGler, Die frühe Diagnose, 66–68
und 170–178.
799 Karoshi, Die Erinnerung, 101; Kindermann, Konservatives Denken, 218 f.; Kindermann, Ös-
terreich, 61; O. weiss, Rechtskatholizismus, 26.
800 diamant, Katholiken, 114–116 und 182; falle, Wurzeln, 29.
801 F. waGner, Legitimismus, 47 und 197; neuhäuser, Legitimismus, 40 und 137.
802 F. waGner, Legitimismus, 70 f.
5.7 LEGITIMITÄT VERSUS LEGALITÄT 291
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580