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1932 wurde als Dachorganisation der Eiserne Ring gegründet. Einer sei-
ner Programmpunkte war eine auf dem Ständeprinzip beruhende autoritäre
Verfassung.803 Im März 1933 trat er korporativ der VF bei.804 Ende 1935 ent-
stand der Gedanke, die VF zur Trägerin der legitimistischen Idee zu ma-
chen. Otto von Habsburg begrüßte dies, bestand aber auf der eigenständigen
Weiterarbeit der Legitimisten. 1936 kam es zu einem Abkommen zwischen
Eisernem Ring und VF.805
Da der Legitimismus die Entstehung der Republik als illegalen Akt be-
trachtete806, war sein Ziel die Wiedererrichtung der Monarchie, und zwar un-
ter den Habsburgern.807 Die CSP war hinsichtlich der Staatsform gespalten;
erst allmählich erfolgte ein Schwenk zur Republik; zeit ihres Lebens Befür-
worter der Monarchie blieben Leopold Kunschak (wie überhaupt die christ-
liche Arbeiterbewegung808), Friedrich Funder, Richard Schmitz und Viktor
Kienböck.809 Eine starke monarchistische Gruppe gab es in Tirol810; auch der
Vorarlberger Otto Ender empfand Sympathien für die Monarchie.811
Für Ernst Karl Winter war das Juliabkommen von 1936 Anlass, mit sei-
nen monarchistischen Forderungen energisch hervorzutreten812; es verleihe
der Idee einer von rechts nach links reichenden österreichischen Front gegen
den Nationalsozialismus neue Aktualität.813 Otto von Habsburg verkörpere
den monarchischen Gedanken in moderner Form, mehr als aufgrund legiti-
mistischer Argumente durch seine menschliche Qualität und das hohe mo-
ralische und intellektuelle Niveau. Für die Zukunft erhoffte sich Winter eine
Synthese von Monarchie und Sozialismus.814
Auch die Paneuropa-Bewegung stand der Monarchie positiv gegenüber;
Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi agierte in den vierziger Jahren
von den USA aus in diesem Sinne.815 Ähnliches gilt für die österreichischen
Juden, die den übernationalen Gedanken und den Vielvölkerstaat schätzten
und in den Monarchisten mutige Vorkämpfer gegen den Nationalsozialis-
803 Kindermann, Österreich, 99; mosser, Legitimismus, 40–42 und 111; neuhäuser, Legitimis-
mus, 68 f.
804 wohnout, Traditionsreferat, 66.
805 neuhäuser, Legitimismus, 98 und 102 f.
806 mosser, Legitimismus, 34.
807 lovreK, Die legitimistische Bewegung, 231.
808 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 11.
809 wandrusZKa, Struktur, 320; G. hartmann, Im Gestern, 222.
810 schober, Tirol, 471–477; wandrusZKa, Struktur, 350.
811 wanner, Otto Ender, 165.
812 heinZ, E. K. Winter, 268.
813 heinZ, E. K. Winter, 278.
814 heinZ, E. K. Winter, 322–324.
815 ePPel, Österreicher 2, 448. 5. DER MENSCH IST
PERSON292
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580