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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Wirkung hat“.10 Eine spezifisch katholische Ständelehre gab es nicht11, aber im Zuge der Auseinandersetzung mit der christlichen Sozialreform wurde die Forderung laut, das Wortfeld „Stand“ zu untersuchen. Gerade im „mittel- ständischen“ Milieu der CSP, wo viele Menschen den Willen zu sozialer Hö- herentwicklung verspürten, stand ja auch die Bedeutung status, „Zustand“, im Raum.12 In diesem Sinn räsonierte man beispielsweise, der „Selbstän- dige“ könne frei und unabhängig Wirtschaft betreiben; das „standesgemäße“ Einkommen, das er erwirtschafte, sichere den Bestand des Betriebs und der Familie. „Der ‚Stand’ ist [...] die Art und Weise, wie eine Person den eige- nen Bestand in wirtschaftlicher Weise zu sichern ‚im-stande’ ist.“13 Wilhelm Schwer umschrieb den Begriff als „gesichertes Stehen“ in einem von Über- und Unterordnung geprägten größeren Ganzen“, also auch als Rang.14 Nicht von ungefähr stieß Mitte der dreißiger Jahre das indische Kastenwesen, der Inbegriff natürlicher Ungleichheit und statischen Denkens, auch in Mittel- europa auf wissenschaftliches Interesse.15 Im Bewusstsein vieler Zeitgenossen lebte manches von dem weiter, was Aurel Kolnai 1934 von „der ständischen ‚Atmosphäre’ der vorkapitalisti- schen Welt“, genauer: von der „unmittelbareren Lebensgemeinschaft zwi- schen Höheren und Niederen“ sprechen ließ.16 Das Ideal war die von Johan- nes Messner beschriebene „innere Beruhigtheit (Statik)“ der ständischen Gesellschaft; die für die individualistische Gesellschaft kennzeichnende Dynamik, „die schließlich den Bestand der Gesellschaft selbst bedrohte“17, stand als ein Szenario im Raum, das es abzuwenden gelte. In diesem Sinne nahm Friedrich Funder die Entwicklungen des 19. Jahrhunderts mit Weh- mut zur Kenntnis: „Eine alte Welt war in Österreich Mitte der neunziger Jahre im Zerbrechen. Altgewohnte, wie Gesetze vererbte Vorstellungen kreuzten sich mit neuen Ideen. Die ständische und feudale Begriffswelt sah sich von neuen Erscheinungen der Demokratie bestürmt.“18 Rudolf Henz trat in seiner Dichtung dafür ein, Bewährtes nicht anzutas- ten: Als Sohn eines Obristen hätte die Hauptfigur seines Romans Der Ku- rier des Kaisers eigentlich gehobene Ansprüche, doch die ihm angediehene Erziehung als Bäckersohn scheint sein Recht zu schmälern, freilich nur auf 10 messner, Ordnung, 16. 11 beyer, Ständeideologien, 120. 12 orGler, Ständestaat, 210. 13 bader, Die geistige Grundlegung, 160. 14 SZ 1. 4. 1935 (W. schwer); vgl. LThK/III 9 (2000), 924 f. (N. GlatZel). 15 1935, 91–94 (J. evola). 16 Kolnai, Ideologie, 16; zur ständischen Atmosphäre vgl. seliGer, Scheinparlamentarismus, 37. 17 messner, Ordnung, 20. 18 funder, Vom Gestern, 65. 6. STANDESBEWUSSTSEIN302
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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