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Schindler und sein Schüler Seipel definierten Hausherrschaft als Sinnbild
göttlicher Herrschaft.579 Das LThK/I nannte die Familie die „seins- und ver-
nunftnotwendige Ursprungszelle der Gesellschaft oder der Menschheit“580,
von der der Weg sodann über Nachbarschaft und Ortsgemeinschaft zur
Stammesverbundenheit und Nation führe.581 Die christliche Arbeiterbewe-
gung vertrat ebenfalls ein sehr traditionales Familienbild.582
Für Anton Orel war die „institutionelle Verwirklichung“ der Familie
Grundvoraussetzung für den Wiederaufbau der Ständeordnung.583 Eine in
diesem Sinn organische Gesellschaftslehre vertraten auch Johannes Mess-
ner584 und August M. Knoll.585 Geradezu einen Schwerpunkt des Denkens
bildete die Analogie von Familie und Staat/Gesellschaft bei den Ständethe-
oretikern, allen voran Oskar Zaglits586, Georg Moth587 und Friedrich von
Weichs.588
Nicht minder präsent war das Thema in den Äußerungen der Manda-
tare. Nach Walter Adam sollte die Familie als „Urform der menschlichen
Gesellschaft“ dem Einzelnen die Möglichkeit geben, „zu höheren Formen
menschlichen Lebens emporzusteigen“.589 Im Staat sah er „im Grunde doch
eine große Familie, die durch sittliche Normen, durch bestimmte Ideale und
durch eine politische Idee zusammengehalten wird“.590 Ähnlicher Formulie-
rungen bedienten sich Richard Schmitz591, Guido Zernatto592, Ulrich Ilg593,
Pius Fink594, Julius Raab595, Franz Hörburger596, Leopold Teufelsbauer597,
Anton Thir598 oder Lois Weinberger.599
579 schindler, Lehrbuch III, 785; seiPel, Von der sozialen Liebe, 68–70.
580 LThK/I 9 (1937), 692–696 (G. Gundlach).
581 busshoff, Dollfuß-Regime, 179.
582 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 33 f.
583 orel, Ständeordnung, 44.
584 messner, Ordnung, 76.
585 Knoll, Das Ringen, 4 f.
586 ZaGlits, Bewegung, 6.
587 moth, Neu-Österreich, 49.
588 v. weichs, Der Weg, 14 f.; vgl. neGer, Verfassung, 32 f.
589 Zit. nach Kriechbaumer, Front, 62.
590 CS 23. 12. 1934 (W. adam).
591 R. schmitZ, Das christlichsoziale Programm, 16.
592 rossbacher, Dichtung, 555; Kriechbaumer, Erzählungen, 66.
593 ilG, Uns alle, 6; vgl. Kessler, Ulrich Ilg, 74.
594 finK, Gemeinschaftsrente, 6 f.
595 raab, Ansichten, 113.
596 hörburGer/simonic, Lehrbuch II, 11.
597 CS 17. 6. 1934 (L. teufelsbauer).
598 thir, Frauengestalten 1, 43.
599 KarlicK, Lois Weinberger, 22.
6.6 DIE FAMILIE 357
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580