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und im CS als übernationale Gemeinschaft des Abendlandes mit föderalisti-
scher Ordnung und hierarchischer Struktur vielfach gewürdigt.1069 Seit den
frühen zwanziger Jahren kultivierten katholische Intellektuelle wie Ignaz
Seipel1070 oder Johannes Hollnsteiner1071, aber auch Otto von Habsburg1072
diesen Gedanken.
Nach 1918 stand die Idee einer impliziten neuerlichen translatio impe-
rii vom Alten Reich auf die Habsburgermonarchie im Raum1073 – wobei die
Reichsgeschichte freilich hinter die österreichische Geschichte zurücktreten
musste.1074 Ziel war nicht die politische Einigung aller deutschen Gebiete,
sondern die ideelle Verwirklichung der Reichsidee durch Österreich.1075 Die
österreichische Idee galt als „die natürlichste Fassung der übernationalen
und zwischenstaatlichen Wohlfahrtsidee der deutschen Nation“. Anton
Klotz, von dem diese Formulierung stammt, zitierte seinerseits Hermann
Bahr1076 – den wiederum Kurt Schuschnigg sehr schätzte.1077 Robert Kras-
ser sprach von einer „Renaissance des Heiligen Römischen Reichs Deutscher
Nation in zeitgerechter, seiner Schwächen entkleideter Form“.1078 1930 for-
derte Kurt Schuschnigg, damals Abgeordneter, die Rückkehr zum Ersten
Reich, eine Idee, die auch auf dem Deutschen Katholikentag in Wien 1933
vertreten wurde.1079
1069 busshoff, Dollfuß-Regime, 36 f.; ebneth, Wochenschrift, 137 f.; ePPel, Zwischen Kreuz,
37 f.; lanGewiesche, Nation, 55 f.; zum Reichspatriotismus vgl. v. hildebrand, Memoiren,
265; Kriechbaumer, Erzählungen, 161; seefried, Reich, 143–146 und 155–157; werner,
Die Wiener Wochenschrift, 35 f. und 41–45.
1070 Gehler, Der lange Weg 1, 17.
1071 buchmayr, Der Priester, 36 und 129; Alois Dempfs Reichsbegriff stand Hollnsteiner skep-
tisch gegenüber; schmuGGe, Alois Dempfs „Sacrum Imperium“, 143 f.
1072 baier/demmerle, Otto von Habsburg, 131; waltersKirchen, Dollfuß, 45; D. J. weiss,
Transformationen, 97.
1073 cole, Il Sacro Romano Impero, 241; v. hildebrand, Engelbert Dollfuß, 32; hoor, Wand-
lungen, 436 f.; Kindermann, Österreich, 66–69; Kromar, „Österreich-Mythos“, 38; maZohl,
La fine, 155 f.; maZohl/schneider, Translatio Imperii, 103; schweitZer, Volkstumsideolo-
gie, 36; seefried, Reich, 221–224; suPPanZ, Geschichtsbilder, 72–74; suPPanZ, Österreichi-
sche Geschichtsbilder, 27 und 82–86.
1074 maZohl/schneider, Translatio Imperii, 124 f.; maZohl, Il Sacro Romano Impero, 81 f.; zum
Verhältnis Österreich-Reich seit dem Mittelalter vgl. KluetinG, L’„imperatore romano
eletto“, passim.
1075 cole, Il Sacro Romano Impero, 269; schweitZer, Volkstumsideologie, 52–54; verzerrt die
Darstellung bei mittelmeier, Austrofaschismus, 138.
1076 KlotZ, Was wird, 39 f.
1077 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 261.
1078 Krasser, Ständestaat, 9.
1079 Klotz, Was wird, 87; zum Katholikentag als Forum des Gedankens der österreichischen
Mission vgl. GrosseGGer, Mythos, 299; suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 118.
6.8 ÖSTERREICHBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALSOZIALISMUS 405
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580