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Art“ zu haben1197, in seinem Roman Jakobus und die Frauen, der teilweise in
Braunau am Inn, also im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich,
spielt, legte er sich aber nicht fest.1198
Manche Elemente dieses Österreichbewusstseins ermöglichten die Dis-
tanzierung von Preußen1199: Mit der Geschichte dieses Landes, das als Pa-
radigma für die Staatsmaschine und den Systemgedanken galt1200, so Guido
Zernatto, habe die österreichische Geschichte trotz der deutschen Sprache
„fast nichts Gemeinsames“.1201 Auch Oswald Redlich empfand tiefe Abnei-
gung gegen preußisches Wesen: Aus Briefen an Theodor von Sickel geht
hervor, dass er aus diesem Grund 1895 einen Ruf an die Universität Mar-
burg ablehnte.1202 Gemäß Hugo von Hofmannsthals markanter Gegenüber-
stellung war in Preußen überhaupt alles anders als in Österreich.1203 Der
Vergleich ließ den Mitbegründer der Salzburger Festspiele1204 schon 1915
hervorheben, dass das gegenwärtige Deutsche Reich nicht das ganze Gesicht
des deutschen Wesens in Europa zeige und dass Österreichs Gesicht „Züge
eines älteren und höheren Deutschtums“ enthalte.1205 Kurt Schuschnigg be-
rief sich auf Hofmannsthals Vergleich des Österreichers und des Preußen,
um die eigene aus tiefstem Inneren kommende Ablehnung des National-
sozialismus zu beschreiben.1206 Die Monarchie empfahl ihren Lesern 1918
mehrere derlei Gedanken weiter ausgestaltende Bücher zur Lektüre.1207
Mit Genugtuung wurde in Österreich das 1924 erschienene Werk Der öster-
reichische Mensch von Oskar A. H. Schmitz zur Kenntnis genommen.1208 Die
Schriftleitung der SZ, für die Hans Karl Zeßner-Spitzenberg eine Rezension
verfasste, hielt es zwar für möglich, dass die Gedanken für deutsche Leser
1197 GinZKey, Heimatsucher, 54.
1198 heydemann, Literatur und Markt, 343.
1199 busshoff, Dollfuß-Regime, 21–23; fellner, Was heißt, 211; suPPanZ, Geschichtsbil-
der, 70; suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 27–30; suPPanZ, Der österreichische
Mensch, 188–190.
1200 stollberG-rilinGer, Der Staat, 62–75; stollberG-rilinGer, Staatsmaschine, 63.
1201 Zernatto, Vom Wesen, 134.
1202 santifaller, Oswald Redlich, 74–76.
1203 hofmannsthal, Sämtliche Werke 34, 970–978; weitere Vergleichspunkte bei benda, Die
österreichische Kulturidee, 72 f.; vgl. blänsdorf, Österreich, 186 f. und 193; dorowin, Ret-
ter, 117 f.; Johnston, Der österreichische Mensch, 64–79, 90–101, 147–153 und 169–175;
PawlowsKy, Die Idee, passim.
1204 Zu deren Bedeutung für das konservative Österreich vgl. beller, A Concise History, 214,
217 und 219; hanisch, Der lange Schatten, 329.
1205 Zit. nach fellner, Historiographie, 39; vgl. PirKl, „Der Österreicher“, 112–114.
1206 K. schuschniGG, Requiem, 26; vgl. suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 29; zu den
Affinitäten zwischen Preußentum und Nationalsozialismus vgl. erdmann, Die Spur, 92.
1207 Die Monarchie 24. 10. 1918 (F. W. forster).
1208 Vgl. Johnston, Der österreichische Mensch, 189–195.
6.8 ÖSTERREICHBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALSOZIALISMUS 417
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580