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Aufgabe.“1299 Symbol des österreichischen Vielvölkerstaates war für ihn die
aus allen Nationen zusammengesetzte Armee.1300
Bei Funder, der 1929 im Rahmen der Cartellversammlung zum Thema
Der österreichische Mensch sprach1301, findet sich für die Habsburgermonar-
chie die Bezeichnung „übernationales Reich“.1302 Von einem solchen ist auch
bei Josef Roth1303 und Anton Wildgans die Rede; für Letzteren war der „über-
nationale Typus des Deutschen“ das entscheidende Definitionskriterium des
„österreichischen Menschen“.1304 Diesen Begriff wiederum verwendeten, un-
abhängig voneinander, 1924 bzw. 1925 der Dichter Oskar A. H. Schmitz und
der Geograph Hugo Hassinger.1305
Anton Klotz erblickte „die uralte Aufgabe und Tradition des Donaurei-
ches“ in der „Versöhnung und Zusammenführung der verschiedenen Nati-
onen“, eines Staatswesens, in dem sich „die Haltung des Organischen und
des Harmonischen ausgeprägt“ habe.1306 Paul Thun-Hohenstein ortete die
Wurzel der übernationalen Idee im Wesen des Österreichers, das „nach in-
nen gekehrt“ sei: In einer Zeit, da „ringsum alles nach außen strebte“, sei er
zum Scheitern geradezu verurteilt gewesen.1307
Im CS wurde die Idee des Übernationalen als Spielart des Universalen
gehandelt; über den Föderalismus wurde sie in Zusammenhang mit dem
ständischen Gedanken gebracht: „Von dem liberalistischen Prinzip, dass die
Nation den Staat formt, kehren wir zum uralten Grundsatz, dass der Staat
die Nation formt, endlich wieder zurück.“1308 „Übernational“ bedeutet somit
die Verbindung von Föderalismus und Universalismus.1309 Dietrich von Hil-
debrand bescheinigte der föderalistischen Grundstruktur Österreichs die Ei-
genschaft, das Land vor Selbstüberschätzung zu bewahren.1310
Franz Brandl, der nach 1945 ein zwar kritisches, aber verstehend-positi-
ves Bild der Monarchie zeichnete, legte Kaiser Franz Josef im Gespräch mit
Kronprinz Rudolf, dem Anwalt der um Autonomie ringenden Völker, eine
nachdrückliche Warnung vor „Völkerindividualismus“ in den Mund, denn
1299 funder, Vom Gestern, 402 f.; Zusammenfassung seines Bildes vom österreichischen Men-
schen: SZ 17. 11. 1929 (F. funder).
1300 reiss, Dr. Friedrich Funder, 165.
1301 Krause, CV, 109; PoPP, Der CV, 142–145 und 150.
1302 W. lorenZ, Funder, 9; vgl. ebneth, Wochenschrift, 139.
1303 Kröll, Der Bürger, 279.
1304 CS 30. 5. 1937.
1305 Johnston, Der österreichische Mensch, 17,
1306 MSchKP 1, 109 (A. KlotZ).
1307 thun-hohenstein, Österreichische Lebensform, 22.
1308 CS 3. 6. 1934 (W. R. ZaloZiecKy).
1309 Kann, Die Habsburgermonarchie, 55 f.
1310 v. hildebrand, Engelbert Dollfuß, 76.
6.8 ÖSTERREICHBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALSOZIALISMUS 429
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580