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nem Symphonieorchester verglich.174 Richard Schmitz beschrieb die Gesell-
schaftszustände in den Dichotomien gesund-krank, für ihn synonym mit
organisch-atomisch. Der Vergleich der Gesellschaft mit einem Organismus
sollte deren grundsätzliche Heilbarkeit ausdrücken.175
Von vielen Autoren verwendete Begriffe sind „gliedhaft“ und „gliedlich“
und verwandte Elemente aus der teilweise von Othmar Spann geprägten
Wortfamilie.176 Sie stehen für die Arbeit jener, die, so Funder, für das Ge-
meinwohl tätig sind, und zwar nicht, weil jemand sie dazu zwänge, son-
dern aus natürlicher Selbstverständlichkeit.177 In der Reichspost machte
er häufig die gemeinsame Arbeit aller Stände zum Thema.178 Hans Karl
Zeßner-Spitzenberg setzte den Akzent auf die „Verschlungenheit mehrfa-
cher Gesichtspunkte und berechtigter Bestrebungen“, in seinen Augen das
„Lebensprinzip“ der Glieder“.179 Sichtbarkeit erlange die „Gliedheit“ des
Einzelnen, so Johannes Messner, durch ständische Organisation.180 Keiner
müsse indes im Ganzen aufgehen, sondern jeder habe die Freiheit, aus eige-
ner Kraft Aufgaben für das gesellschaftliche Ganze zu erfüllen. Freiheits-
ordnung und Ausrichtung auf das Gemeinwohl seien gleich wesentliche Tei-
le.181
Karl Lugmayer unterstrich die praktischen Vorzüge des organischen Ver-
bundenseins der Menschen: Es verhindere Verstöße gegen die Ordnung weitge-
hend, weil von der Gemeinschaft verhängte Strafen als Ehrenstrafen empfun-
den würden, die vom Staat verhängten dagegen nur als Pech. Dem Terminus
„berufsständische Ordnung“ zog er „körperschaftliche Ordnung“ vor.182
Franz Kolb griff die Körpermetapher in seinen Ausführungen über die
Wesensmerkmale der Tiroler in der Vergangenheit auf. Er wies auf die von
vielen Beobachtern hervorgehobene physische Gesundheit seiner Landsleute
hin und ergänzte, dasselbe gelte für die seelischen Kräfte: „Es waren dies
ein gottesfürchtiges Wesen, natürliche, gewissenhafte Haltung, Verantwor-
tungsbewusstsein für das Ganze und ein vorbildlicher Gemeinsinn, an dem
174 KleZl, Beruf, 93.
175 streitenberGer, Leitbild, 135; vgl. auch funder, Aufbruch, 8; stollberG-rilinGer, Der
Staat, 38.
176 Stellvertretend für andere Beiträge aus der Zeitschrift: StL 1931, 17 (W. andreae); vgl.
meyer, Stand, 195.
177 funder, Aufbruch, 165.
178 Pfarrhofer, Friedrich Funder, 97.
179 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Einführung, 2 f.
180 PytliK, Berufsständische Ordnung, 32.
181 messner, Ordnung, 8 f. und 14; MSchKP 1, 8 (J. messner); MSchKP 1, 9 f. (J. messner); vgl.
P. huemer, Entstehung, 607; Klose, Berufsständische Ordnung, 198; PytliK, Berufsständi-
sche Ordnung, 73; streitenberGer, Leitbild, 165.
182 K. luGmayer, Grundrisse, 78–80. 7. DIE BERUFSSTÄNDISCHE
ORDNUNG452
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580