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Gegner schematischen Vorgehens.262 Oskar Zaglits glaubte an die Möglich-
keit einer „verständnisvollen“ Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Ar-
beitnehmern.263 Otto Bauer lehnte Versuche, die berufsständische Ordnung
von oben zu dekretieren, als faschistisch ab.264
Horizontale Aufbauversuche
Als erster Schritt im berufsständischen Aufbau wurde der Gewerkschafts-
bund gegründet, der am 1. Juli 1934 seine Arbeit aufnahm.265 Es folgte die
gesetzliche Organisation der Arbeitgeber:266 1934 der Bund der österrei-
chischen Industriellen267, 1935 der Gewerbebund268, der Handels- und Ver-
kehrsbund269 und der Finanzbund.270
Beim Gewerkschaftsbund handelte es sich um eine Einheitsgewerkschaft,
die wenig Spielraum für autonomes Handeln besaß.271 Obwohl christliche
Gewerkschafter weit reichende Konzessionen erhalten hatten, werteten sie
die Gründung als Niederlage.272 Noch 1934 wurden die der Sozialdemokra-
tie nahestehenden Freien Gewerkschaften und die Arbeiterkammern integ-
riert.273 Auch für die katholischen Arbeitervereine bedeutete diese Entwick-
lung das Ende.274
Otto Ender war sich der Problematik dieser Vorgänge bewusst: Er sah
262 PMR IX/5, Prot. 1031/5 (12. 6. 1936), 211.
263 ZaGlits, Bewegung, 13.
264 O. bauer, Werkausgabe 7, 511–513; vgl. tálos, Zum Herrschaftssystem, 155 f.
265 Details bei KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 42–53; vgl. PutscheK, Ständische Verfas-
sung, 90 f.; reichhold, Geschichte, 478 f.
266 GöhrinG/Pellar, Anpassung, 30 f.; huber, Die Verfassung, 127–157; tálos, Handbuch, 350
(G. sturmayr).
267 PutscheK, Ständische Verfassung, 109–114.
268 PutscheK, Ständische Verfassung, 115–123.
269 PutscheK, Ständische Verfassung, 123–130.
270 PutscheK, Ständische Verfassung, 130–133; mehrere Mitglieder der vorberatenden Organe
bekleideten Führungsaufgaben, Ludwig Draxler als Leiter, Viktor Kienböck als stellvertre-
tender Leiter; seliGer, Scheinparlamentarismus, 330.
271 neGer, Verfassung, 96–98; Pasteur, Kruckenkreuz, 72–75 und 157; reichhold, Geschichte,
479–482; tálos, Herrschaftssystem (2013), 334–339.
272 Pasteur, Kruckenkreuz, 62– 64; reichhold, Geschichte, 462–468; schmit, Christliche Arbei-
terbewegung, 86–91 und 126.
273 busshoff, Berufsständisches Gedankengut, 457; erneGGer, Staatliche Sozialpolitik, 71 f.;
GöhrinG/Pellar, Anpassung, 36 und 59–74; Grafeneder, Arbeiterfamilie, 20; Pasteur, Kru-
ckenkreuz, 43–45 und 90 f.; schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 39–41 und 87; senft,
Im Vorfeld, 153.
274 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 20 f.
7.5 PROBLEME DER BERUFSSTÄNDISCHEN ORDNUNG 461
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580