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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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zieht468, nicht gerecht werde. Auch für Wolfgang Höfler waren die besagten Überlagerungen der Grund, warum er bei der Benennung einzelner Stände Zurückhaltung übte.469 Dietrich von Hildebrand zeigte die Grenzen des Stands philosophisch auf: Die Einzelperson sei den natürlichen Gemeinschaften ontologisch überle- gen, weil es nicht die Gliedfunktion allein sei, die sie kennzeichne. Ginge der Mensch in einer bestimmten Gemeinschaft ganz auf, könnte er gar nicht Glied einer höheren Gemeinschaft sein. Die Einzelperson sei mehr als das Glied eines Stands, auch mehr als der Staatsbürger oder der Angehörige ei- ner Nation. Und wenn, so besäße von allen natürlichen Gemeinschaften die „Menschheit [...] ein tieferes und der Ewigkeit zugewandteres Thema als Na- tion und Staat oder gar Stand“.470 Daher ließ er im CS Autoren zu Wort kom- men, die den Beruf nicht zum entscheidenden Indikator des Wesens eines Menschen machten.471 Aurel Kolnai erinnerte daran, dass es auch Lage- und Schicksals-, Art-, Kultur- und Gesinnungsgemeinschaften gebe; die Defini- tion von „Stand“ als „Leistungsgemeinschaft“ hielt er für verkürzend.472 Guido Zernatto sprach von Gruppen, die nicht nur aus dem Beruf und der „Stellung“, sondern auch „aus der Nachbarschaft des Geistes [...] zu- sammengewachsen sind“.473 Der ansonsten wenig flexibel denkende Anton Thir474 legte am Beispiel der zum Christentum bekehrten Purpurhändle- rin Lydia dar, dass die Kultivierung religiöser Neigungen auch jenseits des Berufs, für ihn gleichbedeutend mit Stand, möglich sei.475 Das Wesen des Menschen auf seine berufliche Funktion zu reduzieren, so Johann Staud, würde zu einer neuerlichen Akzentuierung der Sozialstände führen.476 Umso deutlicher musste Karl Lugmayer, der personalistische Philosoph, dem es um die integrative Vernetzung vieler Bereiche der Gesamtkultur ging477, die simple Annahme zurückweisen, ein Mensch wäre einzig durch seinen Beruf bestimmt.478 Wie Othmar Spann479 sah er den Einzelnen in einer fast unübersehbaren Fülle sozialer Kontexte und als Träger entsprechend vie- 468 hanisch, Die Politik, 55. 469 höfler, Bleibende Stände, 20. 470 v. hildebrand, Memoiren, 257 f. 471 CS 1. 3. 1936 (V. franKl). 472 Kolnai, Ideologie, 22. 473 Zernatto, Die Wahrheit, 36 f.; Zimmer, Guido Zernatto, 106. 474 thir, Frauengestalten 2, 312 f. 475 Apg 16, 15 ff.; thir, Frauengestalten 2, 305. 476 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 105. 477 bader, Karl Lugmayer, 12. 478 K. luGmayer, Grundrisse, 138–141. 479 becher, Der Blick, 128. 7. DIE BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG482
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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