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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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dass es Aufgaben gibt, die sich auf der niedrigeren Ebene besser erledigen lassen als auf der übergeordneten.86 Heinrich Pesch integrierte auch Aspekte aus Wilhelm von Humboldts Schrift Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen. So gelang die Verbindung von katholischem Denken und liberaler Idee des Individuums, die eine sichere Schranke gegen kollektivistische oder totalitäre Gedanken bildet.87 Othmar Spann trat für das Subsidiaritätsprinzip ein, weil der Staat nicht die einzige Organisation des Lebens sei88, Benno Karpeles sah darin die Gewähr, den Staat nicht wieder zum liberalistischen „Nachtwächterstaat“ verkümmern zu lassen.89 Oskar von Hohenbruck forderte, die Berufsstände sollten im Rahmen des Staates alle Verwaltungsaufgaben übernehmen, die möglich seien.90 Insbesondere müssten sie in die Regelung der Arbeitsver- hältnisse eingreifen, dürften diese nicht, wie der italienische Faschismus, dem Staat überlassen.91 Georg Moth bemühte sich um Popularisierung die- ses Gedankens.92 Leicht fasslich ist die moraltheologische Begründung des Subsidiaritäts- prinzips: So wie es auf der privaten Ebene einen ordo diligendi gebe93, könne in sozialer Hinsicht der ordo caritatis geltend gemacht werden, der das Ver- hältnis von Eigeninteresse und Solidarität regle. Man berief sich auf Au- gustinus und Thomas von Aquin, denen zufolge man nicht für jedermann sorgen könne; Vorrang müssten jene haben, die einem durch irgendwelche Umstände näher verbunden seien als andere.94 Richard Meister ging ins Detail: Gänzlicher Normierung des Staates könnten Innen- und Außenpolitik, Polizei, Verteidigung und Rechtsord- nung unterliegen; das Gegenteil gelte für Wissenschaft, Kunst, Sittlichkeit und Religion, die auf das Wahre, Schöne, Gute, zusammengefasst als das „Heilige“, gründeten. Zwischen diesen beiden Zonen liege eine mittlere, die der Gestaltung des Gemeinschaftslebens sowie von Wirtschaft, Wohlfahrt und Erziehung.95 Auf gewissen Gebieten könne der Staat nicht nur als Ord- 86 GamPer, Subsidiarität, 112. 87 Gabriel, Die Wurzeln, 13 f.; hense, Der staats- und europarechtliche Gehalt, 416 f.; isensee, Subsidiarität, 143–145. 88 heinrich, Schlüsselbegriffe, 359; StL 1931, 22–26 (W. andreae); Pichler, Othmar Spann, 22 und 249. 89 KarPeles, Klassenkampf, 11. 90 v. hohenbrucK, Zur Frage, 13. 91 v. hohenbrucK, Zur Frage, 22. 92 moth, Neu-Österreich, 81 und 91. 93 Kustatscher, Haus und Familie, 126–128. 94 KoslowsKi, Liberalismus, 198. 95 meister, Das Verhältnis, 50–55; meister, Das staatsrechtliche Problem, 25–27. 8. STAAT UND GESELLSCHAFT496
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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