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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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mung der Regierung mit dem ‚gesunden‘ Teil der öffentlichen Meinung“.182 Eduard Ludwig sah in der ständischen Verfassung Österreichs alle Möglich- keiten der Demokratie verwirklicht und hielt die autoritäre Entwicklung des Staates für eine Notwendigkeit.183 Wenig überraschend sind Bekenntnisse zum Autoritären aus dem Munde eines ehemaligen Polizeibeamten. Franz Brandl wusste manch energische Maßnahme, die er als solcher gesetzt hatte, schlüssig zu begründen: „Man darf nicht vergessen: wir waren damals [sc. in den 1920er-Jahren, E. K.] noch mitten im individualistischen Zeitalter mit seinem Respekte vor den Meinungen der ‚anderen‘, mochten sie sogar ‚staatsfeindlich‘ sein. Es wur- den nur ‚Zulässigkeitsgrenzen’ abgesteckt.“184 Zentrale Aspekte des Selbst- verständnisses der Polizei leitete er aus dem Unbehagen am Parteienstaat ab; mit Blick auf die Anfänge der Republik erklärte er: „Wir waren ja aus dem Autoritätsstaate in den Parteienstaat hinüber geglitten, in dem die Partei das Höchste bedeutete. Nur wir Polizisten konnten und wollten das nicht wahr haben und lehnten es ab, Amboss zu sein, wo wir Hammer sein sollten.“185 Daher bereitete es ihm Genugtuung, einen so prominenten Ge- währsmann wie Ignaz Seipel mit der Ansicht zitieren zu dürfen, in manchen Zeiten könne ein Staat nur durch Polizeipräfekten regiert werden, wie etwa das Rom der Kaiserzeit. Dieses Rom sei dann aber durch das Werk des Au- gustinus zur Civitas Dei geworden. Damit sei, auf das moderne Österreich bezogen, der Neuaufbau auf der Basis von QA gemeint.186 Hermann Struber hatte noch vor der Parlamentskrise vom März 1933 Verständnis für autoritäre Tendenzen in der Politik gezeigt.187 Bei Ludwig Draxler hingegen waren es die ersten Erfahrungen mit der berufsständi- schen Ordnung, die ihn zur Einsicht führten, dass diese nur dann funktio- nieren könne, wenn eine starke Regierung unabhängig von den Wünschen der einzelnen Berufsstände so entscheide, wie es dem Gemeinwohl ent- spreche. Das Autoritäre brauche es immer dann, wenn egoistische Motive überhand nähmen und zum Interesse der Allgemeinheit in Widerspruch stünden.188 Johann Staud rechtfertigte es mit Blick auf die Probleme einer raschen Umsetzung der berufsständischen Ordnung, aber „die große staats- männische Kunst besteht nun darin, die richtige Synthese zwischen Selbst- 182 KlotZ, Sturm, 47 f.; MSchKP 1, 111 f. (A. KlotZ). 183 steiner, Wahre Demokratie?, 44 f. 184 brandl, Kaiser, 109. 185 brandl, Kaiser, 270. 186 brandl, Kaiser, 388. 187 struber, Österreichs Wiederaufbau, 3. 188 PMR IX/6, Prot. 1042/13 (30. 10. 1936), 318. 8.5 DAS AUTORITÄRE 505
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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