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geschränkt werden.200 Im LThK/I wurde Autorität als notwendige Folge der
organisierenden Funktion der Rechtsordnung und nicht, so ausdrücklich, als
deren primäre Quelle bezeichnet.201
Johannes Messner unterstrich, dass politische Autorität ohne Zwangsge-
walt nicht auskommen könne; die Zustimmung der Geführten sei keines-
wegs eine notwendige Bedingung für ihre Ausübung, weil es ja nicht ein So-
zialkontrakt oder der Volkswille seien, die ihre Grundlage bilden; gleichwohl
sei ein autoritärer Staat nicht notwendig ein totalitärer, denn „der autori-
täre Staat sieht sich bei aller Machtfülle, die ihm eignet, an das Gemein-
wohl gebunden und seinen Herrschaftsbereich durch dieses begrenzt“.202 Im
Staatsführer sah Messner den Vollzieher des Sittengesetzes, der sich sei-
nen Vorrang durch persönliche Bewährung sichere.203 Andere Solidaristen
beschrieben die Tätigkeit eines Führers als „richtunggebend“.204 Ernst Karl
Winter sprach von der „subsidiären Funktion des Autoritären“.205
In der Orientierung am Gemeinwohl fand selbst Karl Lugmayer, der Phi-
losoph des Personalismus, ein Argument für die Autorität.206 1921 bezeich-
nete er sie als eine der Säulen einer als „Gesinnungsschule“ verstandenen
Erziehung207; jeder müsse sich der Autorität dessen unterordnen, „der am
berufensten ist“.208 Denselben Gedanken erläuterte Leopold Figl 1960 in ei-
ner mit Autorität und Demokratie überschriebenen Rede.209
Richard Kerschagl warnte davor, lediglich auf „Nützlichkeit im Diesseits“
bedacht zu sein, weil darauf „wahre Autorität nun einmal nicht gründen“
könne; Autorität habe ein „teleologisches Wesen“; ihre „Spitze“ liege in
Gott.210 Hans Karl Zeßner-Spitzenberg, der Theoretiker der Legitimität,
kannte innerhalb des Rechts noch „das bessere Recht“. Mit Bezug auf die
Herrschergewalt fand er solches in der väterlichen Gewalt und in der „Au-
torität“ der „Weisheit“ und der „Tapferkeit“.211 Die Träger der Staatsgewalt,
so unter Berufung auf Thomas von Aquin, sollten aber wissen, dass nur die
Gewalt, nicht sie selbst von Gott seien und dass ihre Aufgabe nicht mehr sei
200 MSchKP 1, 488–496 (J. hollnsteiner).
201 LThK/I 9 (1937), 692–696 (G. Gundlach).
202 messner, Ordnung, 69 f.; vgl. auch LK, 43 (F. romiG); simon, Die verirrte Erste Republik,
80.
203 streitenberGer, Leitbild, 185; PytliK, Berufsständische Ordnung, 95.
204 beyer, Ständeideologien, 142.
205 winter, Arbeiterschaft, 35.
206 K. luGmayer, Grundrisse, 81.
207 F. luGmayer, Karl Lugmayer, 11; Pribyl, Der christlichsoziale Politiker, 135.
208 K. luGmayer, Grundrisse, 136.
209 fiGl, Reden, 148.
210 KerschaGl, Die Quadragesimo anno, 19–21.
211 H. K. Zeßner-sPitZenberG, Legitimität, 167.
8.5 DAS AUTORITÄRE 507
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580