Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 520 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 520 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Bild der Seite - 520 -

Bild der Seite - 520 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text der Seite - 520 -

Leopold Kunschak war zwar dem Ständegedanken gegenüber offen342 und rechtfertigte das Handeln von Engelbert Dollfuß im März 1933 damit, dass sich das Parlament „selbst unmöglich gemacht“ habe343, hob aber ausdrück- lich hervor, die autoritäre Führung werde nur transitorischen Charakter haben.344 Dass Kunschak kein unkritischer Kollaborateur des Systems war, zeigt nicht zuletzt seine Kritik an der Auflösung der CSP und ihrem Aufge- hen in der VF. Nach den Ereignissen vom Februar 1934 war er nahe daran, alle seine Ämter zurückzulegen.345 Auch das im Herbst 1934 vom Linzer Bi- schof Johannes M. Gföllner346 abgelegte Bekenntnis zum autoritären Kurs missfiel ihm.347 Allmählich schlossen sich dieser Haltung weitere Politiker, schließlich sogar die übrigen österreichischen Bischöfe an.348 Friedrich Fun- der sah die Widersprüche zwischen dem ständischen Bauplan und der poli- tischen Praxis.349 Auch von Seiten des Rechnungshofs und der christlichen Arbeiterbewegung wurden Stimmen gegen das autoritäre Prinzip laut.350 Johann Staud, ebenfalls ein christlicher Gewerkschafter, äußerte sich zum berufsständischen Aufbau insgesamt positiv.351 Bundeskanzler Dollfuß sprach er zwar seine Solidarität aus, erklärte aber auch, dass er Maßnah- men der Regierung, die Arbeitern und Angestellten Nachteile bringen wür- den, nicht akzeptieren werde.352 Auch den übermächtigen Einfluss der Re- gierung auf den Gewerkschaftsbund nahm er nicht widerspruchslos hin.353 Die Maiverfassung beurteilte er differenziert, allerdings aus der einseitigen Perspektive der Arbeiter.354 Seinerseits war er massiver Kritik von Seiten der Heimwehr ausgesetzt.355 Eduard Ludwigs Äußerungen lassen hohes demokratiepolitisches Be- wusstsein erkennen. In seinem Kommentar zum Verfassungsübergangsge- setz, das Otto Ender am 12. Juni 1934 dem Ministerrat vorlegte, beleuchtete er den Vorrang der Regierung bei der Gesetzgebung kritisch. Sein Fazit fiel im Vergleich zu dem, was in der Darstellung mitschwang, freilich positiv 342 KunschaK, Österreich, 145 f.; vgl. wohnout, Verfassungstheorie, 506 f. 343 KunschaK, Österreich, 176. 344 KunschaK, Österreich, 183 f. 345 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 79–81; schmit, „Im Namen“, 155. 346 Zu ihm vgl. auch schmit, Im Namen, 153; wohnout, Bürgerliche Regierungspartei, 189. 347 lacKner, Die Ideologie, 55. 348 JaGschitZ, Ständestaat, 507; Ch. maresch, Die katholische Kirche, 41. 349 reiss, Dr. Friedrich Funder, 121. 350 steiner, Wahre Demokratie?, 47. 351 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 67. 352 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 33–35. 353 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 46. 354 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 112. 355 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 104. 8. STAAT UND GESELLSCHAFT520
zurück zum  Buch „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?