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Zernatto schließlich stand, jedenfalls in der Wahrnehmung ähnlich gesinn-
ter Zeitgenossen, so sehr hinter dem System, dass nach dessen Ende seine
politische Tatkraft schwand: „Für den“, so Willibald Plöchl, „ist eine Welt
zusammengebrochen gewesen, und zwar der Christliche Ständestaat“.412
Das gleichsam letzte Wort wird in diesem Überblick einem der als beson-
ders loyal geltenden Exponenten desselben erteilt, Clemens Holzmeister. Es
ist nicht der 1936 in der MSchKP erhobene Protest gegen die Praxis, öffentli-
che Bauten nicht mehr frei schaffenden Architekten anzuvertrauen, sondern
die Bauämter sie ausführen zu lassen, der ihm zum Rücktritt vom Präsi-
dium des Architektenvereins veranlasste413, sondern der von Bitterkeit ge-
tragene Rückblick auf die dreißiger Jahre, den der politisch stets gemäßigte
Künstler414 in hohem Alter unternahm:415 „In einem politisch zerfressenen
Land […], das erfüllt war von Neid und Hass“, seien alle Bemühungen ver-
geblich gewesen, „Positives zum Wohl aller zu schaffen“.416
412 ePPel, Österreicher 2, 521.
413 MSchKP 1, 1125 f.
414 Posch, An der Wende, 63.
415 Vgl. sein Biogramm bei hohenauer, Clemens Holzmeister, 211 f.
416 holZmeister, Architekt, 49; zu möglichen Diskrepanzen zwischen Holzmeisters äußerem
Auftreten und seinen inneren Stimmungen vgl. Posch, Clemens Holzmeister, 255 f.
8. STAAT UND
GESELLSCHAFT526
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580