Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 532 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 532 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Bild der Seite - 532 -

Bild der Seite - 532 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text der Seite - 532 -

erwiesen sich „Verhaltensstandards und moralische Einstellungen“, also je- nes, das für eine Gliederung nach Ständen besonders geeignet ist15, als das in höchstem Maß gültige. Die zentralen Themen des Personalismus – Indivi- dualität, Freiheit/Ordnung, Leben/Geist, Persönlichkeit/Gemeinschaft und eine Reihe weiterer hohen Idealen verpflichteter „Werte“ – machten es mög- lich, die Vielzahl an zunächst heterogen wirkenden Äußerungen in ein Sys- tem zu bringen (Kap. 5). Da der Personalismus auch dem Gefühl Erkennt- niswert bescheinigte, fand bei deren ausführlicher Analyse manches Platz, was ausgespart geblieben wäre, wenn der kategorische Imperativ den allei- nigen Maßstab dargestellt hätte. Dies bedeutet freilich weder Willkür noch Beliebigkeit, sondern ist Ausdruck der Suche nach einem wissenschaftlichen Zugriff, der jene im Denken und Fühlen der behandelten Personen tief ver- ankerte (auch christliche) Demut nachempfindet, die sich nicht anmaßt, für alles und jedes ein „Kriterium“ bilden zu können und es auf diese Weise in eine Schablone pressen zu dürfen. Der Respekt vor der Person, so jene Phi- losophen, zu denen auch der im BKR vertretene Karl Lugmayer gehörte, ge- biete ein Höchstmaß an Verantwortung jenseits der Normen und behutsame Vorgehensweisen in allen Lebenssituationen, viel Augenmaß und einen Sinn für Lösungen mittlerer Reichweite. Die Palette der hieraus sich ergebenden Themen entspringt jenem keineswegs nur von konservativer Seite eingefor- derten kritischen Denken, das „Parteinahme für die Residuen von Freiheit, für Tendenzen zur realen Humanität“ verlangt.16 Dieses Denken implizierte freilich das Bewusstsein, dass die Gebunden- heit an derlei Prinzipien nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt sei – so wie das Verhältnis zwischen dem Körperlichen und dem Geistigen in jedem Menschen anders gelagert sei. Dietrich von Hildebrand, ein Emigrant aus Deutschland, der in Österreich zu einem der christlich-konservativen Vor- denker wurde, bezog auch jene in sein Denken ein, die sich zu den Idealen des Personalismus nicht bekannten: Bei Menschen, die dem Totalitarismus anhingen, glaubte er, könne man durch Fairness nichts mehr ausrichten.17 Mit diesem Gedanken verwandt ist ein Problem, das die Zeit des Übergangs von der Honoratiorenherrschaft zur Massenwählerschaft kennzeichnet, der Gegensatz nämlich zwischen einem durch Herkunft und Bildung legitimier- ten Überlegenheitsanspruch einerseits und dem Prinzip allgemeiner Gleich- heit andererseits.18 Hier liegt der tiefste Grund für die Rechtfertigung des Autoritären: Dieser nach wie vor viel geschmähte Begriff wurde in engem 15 reitmayer, Politisch-soziale Ordnungsentwürfe, 39–41. 16 horKheimer/adorno, Dialektik, IX. 17 v. hildebrand, Memoiren, 149. 18 Paxton, Anatomie, 117 f. und 178. 9. RESÜMEE: STATUS IST ORDO532
zurück zum  Buch „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?