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328 den“. Also die sind viel schlimmer dran gewesen als wie wir natürlich, oder so.
Da sind natürlich verschiedene Streit oder verschiedene Sachen vorgekommen
während dem Krieg, dass man etwas gemeldet hat usw. Und dann hat sich
dann schon da und dort ein bisschen ein Hass angesammelt. Das haben wir
Buben jetzt nicht gar so mitbekommen. Mit dem Alter. Aber das hat man
schon immer ein bisschen mitgehört, was dann die Väter erzählt haben. Den
und den hat man wieder geholt. […] Die habe man dann draußen dann schon
„ghörig gwichst“414, deutsch gesagt.
I: Sind das jetzt eher, würdest du sagen, unbeliebte Leute gewesen im Dorf
oder schon eigentlich normal integriert da in die Dorfgemeinschaft?
GH: Pff [seufzt nachdenklich]. Ich … sind normal integriert gewesen. Aber
sicher aufgrund ihres Ranges, wo sie gehabt haben, wie jetzt der Ortsgrup-
penleiter und so solche, die mussten halt ihr Ding dazu beitragen da für die
Hitlergeschichte. Und haben’s natürlich auch nur zwangsweise gemacht. Wie
weit die da verbunden gewesen sind mit dem System, das weiß ich heute noch
nicht. Ich weiß nur einen Fall, einen krassen, der hat Selbstmord dann ver-
übt. Der hat sich so gefürchtet vor der Widerstandsbewegung, dass er sich …
Selbstmord hat er dann verübt, das weiß ich.
I: Bevor sie ihn noch erwischt haben oder wie?
GH: Ja, bevor sie ihn erwischt haben. Der hat sich nicht erwischen lassen. Der
hat sich … eben da hat man halt alle möglichen Schauermärchen erzählt, was
denen da draußen alles passiere da in der Mokry. Die ist ja derartig verrufen
gewesen, die Mokry. Ich weiß nicht einmal genau wo das ist. Die Mokry in
Bludenz. Hinten unten beim Bahnhof, hinten draußen dort, oder. Und da
ist halt ein Lager draußen gewesen wahrscheinlich, etwas eine Hütte, eine
Lagerhütte. Und da hat man sie da hinein gehauen und die damals, die wo
natürlich gegen das Regime Hitler und so gewesen sind, die haben sich da
aufgespielt. Das sind natürlich die gewesen und haben sie auch zu Recht oder
weniger Recht verurteilt und auch gestraft. Ja. Also das ist eine … nicht eine
grad eine appetitliche und schöne … auf beiden Seiten, möchte ich sagen, also
ich möchte aber keinen Vorwurf sonst machen. Ja das ist nichts Schönes gewe-
sen. Da hat man nie grad etwas besonders Schönes gehabt, wenn so alte Fami-
lienväter und Leute, wo in Vandans aufgewachsen sind, draußen geschlagen
werden, fast wie Tiere und so umeinander, ist ein bisschen … also eine sehr
unangenehme Situation gewesen. Damals haben wir es schon so empfunden.
Aber es ist halt eben so, wo die Macht ist, die wird auf die eine oder andere
Art halt ausgeübt.
GH deutet an, dass die Bestrafung im Internierungslager mitunter deshalb kaum
gerecht war, weil einzelne Angehörige der Widerstandsbewegungen bei ihren
Angaben, wer als Nazis zu bestrafen sei, von persönlichen Streitigkeiten geleitet
wurden. Auch diese Darstellung stellt tendenziell die Vorgehensweise und Rich-
tigkeit der Entnazifizierung in Frage, die auf einige Einheimische, die „sich da
414 fest geschlagen.
Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Title
- Erzählen vom Leben im 20. Jahrhundert
- Subtitle
- Erinnerungspraxis und Erzähltraditionen in lebensgeschichtlichen Interviews am Beispiel der Region Montafon/Vorarlberg
- Publisher
- StudienVerlag
- Location
- Innsbruck
- Date
- 2013
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 15.8 x 23.4 cm
- Pages
- 464
- Keywords
- Oral history, biographical narratives, narrative traditions, lebensgeschichtliches Erzählen, Erzähltraditionen
- Category
- Geographie, Land und Leute
Table of contents
- Vorwort 11
- Einführung 13
- 1. Kritik des lebensgeschichtlichen Erzählens 17
- 2. Quellenmaterial, Forschungsziel und Auswertung 47
- 3. Erinnerungspraxis und Traditionen lebensgeschichtlichen Erzählens 63
- 3.1. Einstiege in die lebensgeschichtlichen Erzählungen 63
- 3.2. Leitlinien des lebensgeschichtlichen Erzählens 67
- 3.3. Topoi in lebensgeschichtlichen Erzählungen 71
- 3.4. Lebensgeschichtliche Erzählstoffe und Mustererzählungen 73
- 3.4.1. Sagenhaftes von den AhnInnen 74
- 3.4.2. AhnInnen als GastarbeiterInnen 78
- 3.4.3. Traditionelle Landwirtschaft 84
- 3.4.4. Zuerwerb zur Landwirtschaft 98
- 3.4.5. Niedergang der traditionellen Berglandwirtschaft 104
- 3.4.6. Modernisierung 112
- 3.4.7. Alltag im traditionellen Gefüge 127
- 3.4.8. Bräuche und Gewohnheiten 136
- 3.4.9. Armut und einfache Verhältnisse 152
- 3.4.10. „Harte, arbeitsame Kindheit“ 162
- 3.4.11. Idyllisierung der einfachen Verhältnisse 173
- 3.4.12. Lausbuben- und Schulgeschichten 175
- 3.4.13. Autoritäten 183
- 3.4.14. Die 1930er Jahre und die „Tausend-Mark-Sperre“ 190
- 3.4.15. Der „Anschluss“ und seine Bedeutung für die MontafonerInnen 195
- 3.4.16. NS-Propaganda in der Schule 210
- 3.4.17. In der Hitlerjugend 213
- 3.4.18. Im (Un-)Wissen um die NS-Verbrechen 221
- 3.4.19. Repressives NS-System 230
- 3.4.20. Auflehnung und Widerstand 235
- 3.4.21. Schwarzhandel, Schwarzschlachten, Schwarzhören 237
- 3.4.22. Kriegsbeginn und die „verlorenen Jahre“ 243
- 3.4.23. Von den Schrecken des Krieges 252
- 3.4.24. Gefangenschaft 263
- 3.4.25. Heimkehr 268
- 3.4.26. Krieg in Vorarlberg 273
- 3.4.27. Flüchtlingsgeschichten 278
- 3.4.28. Von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen 287
- 3.4.29. Von Deserteueren und „Waldhockern“ 294
- 3.4.30. Die drohende Staumauersprengung im Vermunt 297
- 3.4.31. Kriegsende 301
- 3.4.32. „Heimatverteidiger“ und Widerstandsbewegung bei Kriegsende 304
- 3.4.33. Die französische „Besatzung“ und die „Marokkaner“ 309
- 3.4.34. Entnazifizierung 324
- 3.4.35. Armut und einfache Verhältnisse in der Nachkriegszeit 329
- 3.4.36. Schmuggeln und Schmugglergeschichten 333
- 3.4.37. Wildern und Wilderergeschichten 337
- 3.4.38. Beruflicher Werdegang und Ausbildung 340
- 3.4.39. Wirtschaftlicher Aufschwung in der Nachkriegszeit 349
- 3.4.40. Neu-Anfang mit dem Tourismus 353
- 3.4.41. Urlaube mit der Familie 366
- 3.4.42. Liebe und Ehe 370
- 3.4.43. Geburt der Kinder 381
- 3.4.44. Unfälle und Krankheiten 385
- 3.4.45. Umgang mit dem Altern 393
- 3.4.46. Umgang mit Tod und Verlust 395
- 3.4.47. Naturkatastrophen 400
- 3.4.48. Mystisches und rätselhafte Begebenheiten 406
- 3.4.49. Kultur- und Jugendpessimismus 411
- 3.4.50. Geschlechterrollen und -bilder 414
- 4. Zusammenfassung und Synthese 421
- 5. Verzeichnisse und Nachweise 439