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THEORIE UND METHODE 79
Vor diesem Hintergrund orientiert sich meine Analyse der Videos auch nur
bedingt an Ansätzen der ethnografischen Filmanalyse.232 Vor allem behandele
ich die Videos als Bündelungen ineinandergreifender Spiel- und Emotionsprakti-
ken. Wie auch in der teilnehmenden Beobachtung online geht es erstens um das
Geschehen auf dem Bildschirm, zweitens um die Kommentare (oder mimischen
Ausdrücke) der Spieler, und drittens und am wichtigsten um die Beziehung zwi-
schen diesen beiden Prozessen.
Das konkrete Analyseverfahren bestand in der Sichtung und Teiltranskripti-
on von LP-Videos mit Fokus auf der Artikulation von emotionalen Erfahrungen.
Alle benennenden und kommunizierenden Emotionspraktiken, die signifikant
einen emotionalen Gehalt zum Ausdruck brachten, wurden anfangs ausführlich,
bei regelmäßiger Wiederholung und entsprechender Sättigung (vgl. Kap. 2.3.6)
nur noch durch verweisende Kürzel transkribiert. Um die Emotionspraktiken der
Let’s Player besser einordnen zu können, spielte ich alle einbezogenen Single-
player-Games zumindest für einige Stunden auch selbst. Hier verzichtete ich auf
eine Protokollierung und Auswertung meiner eigenen Erfahrungen. Wichtig wa-
ren letztere ausschließlich als Grundlage und Reflexionsinstrument der Video-
auswertung.
Zusätzlich wurden die Videos in drei Typen von Teilsequenzen aufgeteilt: Als
„Kampfsequenzen“ wurden solche markiert, in denen der Spieleravatar und die
Computergegner gegeneinander Computerspielgewalt ausüben. Als Sequenzen
mit „einseitiger Gewaltausübung“ wurden solche markiert, in denen nur der
Spieleravatar Computerspielgewalt ausübt, ohne dass die Gegner eine Chance
auf Gegenwehr haben. Als Sequenzen mit „Gewalt-Widerfahrnis“ wurden solche
markiert, in denen der Spieleravatar ohne Möglichkeit zur Gegenwehr ludisch-
virtueller Gewalt durch Computergegner ausgesetzt ist.
Unterschieden wurden solche Sequenzen durch Ruhepausen im Spielverlauf
oder Wechsel eines Levels. Ein Let’s Play-Video umfasst meist mehrere (zwischen
einer und mehreren Minuten andauernde) Sequenzen. Analytisches Ziel dieser
von mir selbst vorgenommenen Unterscheidung war es, die qualitativen ethno-
grafischen Beobachtungen an einigen Punkten um quantitative Daten ergänzen
zu können. Ich orientierte mich hier an der Grundhaltung der Grounded Theory
Methodology (vgl. Kap. 2.3.6) zum Verhältnis von qualitativen zu quantitativen
Daten.233 So werde ich an einigen Punkten im Text beispielsweise festhalten, in
232 | Vgl. einführend dazu u.a. Ute Bechdolf: Kulturwissenschaftliche Medienforschung.
Film und Fernsehen. In: Silke Göttsch/Albrecht Lehmann (Hg.): Methoden der Volkskunde.
Positionen, Quellen, Arbeitsweisen der Europäischen Ethnologie. Berlin 2001, S. 251-
276; Ina Merkel: Historisch-kritische Filmanalyse. In: Christine Bischoff/Karoline Oeh-
me-Jüngling/Walter Leimgruber (Hg.): Methoden der Kulturanthropologie. Bern 2014, S.
257-272.
233 | Vgl. u.a. Anselm L. Strauss/Juliet Corbin: Basics of Qualitative Research. Tech-
niques and Procedures for Developing Grounded Theory. Thousand Oaks/London/New
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364