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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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VIRTUELL-KÖRPERLICH 127 tar nun durch verschiedene Ausweichmanöver in eine Position bringen, von der aus er den gepanzerten Gegner mit einem Nahkampfangriff verwunden kann. Er ist bereits geübt in dieser Technik und landet schon beim ersten Versuch einen Treffer, woraufhin er provokativ den computergesteuerten Gegner anspricht: „Na, du kleines Arschloch?“ Der Gegner setzt aber gleich zu einem neuen Angriff an. Sarazar ruft ihm entgegen: „Na dann komm her, ich tanze gerne mit dir!“ Ge- konnt weicht er dem nächsten Angriff aus und lässt Lara Croft mit einer elegan- ten Bewegung einen Treffer landen, bevor er selbstsicher ergänzt: „Den Walzer hab ich drauf!“ Nun kann er zu einem Killmove ansetzen. Sarazar betätigt die entsprechende Taste, Lara hält dem maskierten Gegner die Schrotflinte unters Kinn – die Bildschirmperspektive zoomt hier nah an das Geschehen heran – und drückt ab. Blut spritzt aus dem Schädel des Gegners und Sarazar ruft „Pam!“, ge- folgt von einem genüsslich Lachen. Mit tiefer Stimme ergänzt er: „Exekutionskill sag ich dazu nur.“ Diese nur 35-sekündige Sequenz vereint einerseits einige der bisher ange- sprochenen Erfahrungsfacetten. Sarazar artikuliert hier nicht nur Einschlagslust durch das bekannte „Pam!“, sondern hebt durch die Parallelisierung mit Tanzen und den stolzen Verweis auf den ausgeführten Exekutionskill auch die Erfah- rung von gekonnter Ausführung und Eleganz hervor, die in die Freude an einem effektvoll inszenierten Killmove mündet. Dazwischen mischen sich aber auch andere Artikulationen. Erstens spricht er den computergesteuerten Gegner di- rekt an beziehungsweise beschimpft ihn („kleines Arschloch“) und demonstriert seine Unerschrockenheit („Na komm doch her, ich tanze gerne mit dir!“). Zwei- tens kommentiert er den erfolgreichen Kill mit einem spezifischen Lachen, das wenig mit Humor und Witz zu tun hat, sondern den Gegner für seine Niederlage auslacht. Dabei eröffnet der Let’s Player eine performative Kommunikation mit einem computergesteuerten Gegner. Diese Praxis ist in Let’s Play-Videos absolut gängig. Er verdeutlicht so sein Sich-Einlassen auf das Deutungsangebot des Spiels, dem- zufolge sein als Mensch repräsentierter Gegner gewissermaßen wie ein sozialer Akteur zu behandeln ist. Aus einer medienpsychologischen Perspektive widmen sich diesem Phänomen Tilo Hartmann und Peter Vorderer.119 Aufbauend auf neueren medienpsychologischen Studien stellen sie drei Thesen zum Verhältnis zwischen menschlichen Spielern und computergesteuerten Gegnern auf. Ers- tens könnten mediale Objekte, also auch computergesteuerte Repräsentationen menschlicher Körper, leicht „automatic social perception processes“ auslösen und den Spielern so die Präsenz sozialer Entitäten vermitteln.120 Zweitens tendierten, so die Autoren, MediennutzerInnen generell dazu, sich als „believers“ auf das Medienangebot einzulassen.121 Einen Aufwand müssten sie eher dann betreiben, 119 | Vgl. Hartmann/Vorderer: It’s Okay to Shoot a Character. 120 | Ebd., S. 95. 121 | Ebd., S. 96.
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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