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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM COMPUTERSPIEL142 Ich bejahe. Und das „rapen“? „Platt machen! In Grund und Boden stampfen einfach. Ohne Chance niederschießen und einfach den totalen Overkill [totale Vernichtung, C.B.] produzieren, das meint man damit. Die so fertig machen in einem Game, dass die keinen Bock mehr haben. Rage quit! Rage quit auf der anderen Seite! Das trifft’s eigentlich ziemlich genau.“ (IV18) Er lacht über seine Ausführungen und ich lache mit. „Rage quit“ ist eine Bezeich- nung für das Verlassen des Spiels aufgrund übermäßiger Wut wegen einer Nie- derlage. Der Begriff steht paradigmatisch für die andere Seite des Dominierens in Multiplayer-Games: für die Erfahrung der eigenen Unterlegenheit, die – das ist hier entscheidend – im Umkehrschluss konstitutiv für die Praxis des „rapens“ ist. Denn erst dadurch, dass sich ein anderer Spieler über seine Niederlage ärgert, kann er durch die Tötung seines virtuellen Körpers auch erniedrigt werden. Letzteren Begriff bringt zumindest Petator ins Spiel, als ich die Praxis des so- genannten „teabagging“ anspreche. Das „teabagging“ – oder auch als englisches Verb mit deutschsprachiger Endung: „Teabaggen“ – funktioniert als eine ebenfalls auf männlich konnotierte Sexualität Bezug nehmende kommunizierende Emoti- onspraxis, allerdings nicht verbal, sondern performativ. Nach dem Töten eines Gegners in einem Multiplayer-Game stellt sich der Überlegene mit seinem Avatar über dessen Leiche und drückt mehrmals die Taste für In-die-Hocke-gehen, was ein Auf- und Niedersetzen über dem Gesicht des toten Gegners simuliert. Teilwei- se kann der Unterlegene diese Aktion noch sehen, da die Bildschirmperspektive in manchen Spielen noch einen Moment beim getöteten eigenen Avatar verweilt. Diese Performanz soll andeuten, dass der Gewinner seine Hoden wie einen Tee- beutel (tea bag) in den offenen Mund des besiegten Gegners taucht. In der teil- nehmenden Beobachtung begegnete mir diese Praxis zwar nur selten, doch sie ist dem Großteil der Spieler bekannt. Im Interview mit Petator provoziert die Frage danach ein schelmisches Lachen: „Ja, es geht ja auch um Erniedrigung dabei, ne? Auch bei ner Vergewaltigung geht’s denke ich mal um Erniedrigung. Ich, pfff, ich hab keine Ahnung, ich hab mich noch nie mit den psychologischen Facetten einer Vergewaltigung auseinandergesetzt. Aber ich könnte mir vorstellen, dass das ein Teil ist, wenn jemand jemand anders vergewaltigt, dass du halt die totale Kontrolle über ihn übernimmst und ihn halt in deiner Hand hast, ne? Und halt mit übelster Gewalt. Und das ist ja auch das, was wir mit den anderen online machen. Wir zwingen ihnen sozusagen unsere Herrschaft auf. Wir nehmen ihnen alles, was wir ihnen online nehmen können (lacht verlegen).“ (IV18) Die Nutzung eines radikal sexualisierten Vokabulars und performative Praktiken wie das „teabagging“ verweisen also, so der Tenor der interviewten Spieler, in ers- ter Linie auf die Erfahrung von Dominanz in der Ausübung von Computerspiel- gewalt. Diese wurde bereits im letzten Kapitel diskutiert. Zu fragen bleibt aller-
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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