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Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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VIRTUELL-KÖRPERLICH 159 lichkeit, sich von der Bedrohungssituation zu distanzieren, entweder durch ge- zielte kognitive Abgrenzung („Das ist nur ein Spiel!“) oder indem sie das Spiel ein- fach beenden. Lassen sie sich aber auf das Spiel ein, dann setzen sie sich auch der über den Avatar vermittelten Affizierung ihres eigenen physischen Körpers aus. „Alter, mein armes Herz!!! :DD“ Deutlich wird das insbesondere in Let’s Play-Videos von Horrorspielen wie Slen- der. Das Spiel hat es auch deshalb zu großer Beliebtheit unter Let’s Playern ge- bracht, da sich spätestens mit ihm ein neues Feature von LP-Videos durchsetzte: die sogenannte Facecam. In diesem Format sieht man nicht nur wie gewohnt das Spielgeschehen und hört dazu die Stimme des jeweiligen Let’s Players, sondern es wird zugleich dessen abgefilmtes Gesicht (beziehungsweise die Gesichter mehre- rer Spieler) in einer Eckes des Bildschirms eingeblendet. Vom YouTube-Publikum wurde dieses Format begeistert aufgenommen und wird heute bei Horrorspiel- Videos gegebenenfalls mit Nachdruck eingefordert. Grundsätzlich geht es bei der Facecam darum, den Umgang der Let’s Player mit der Affizierung ihrer Körper performativ zur Schau zu stellen. Dieser Prozess gestaltet sich meist als ein Rin- gen mit der empfundenen Spannung, dem Schreck und dem Stress – zugleich aber auch als Kokettieren mit diesen und Lachen über diese Erfahrungen. Ein gutes Beispiel bietet eine Let’s Play-Reihe zu Slender von Daniel und Mar- tin, die gemeinsam für den YouTube-Kanal der Zeitschrift Gamestar namens Ga- meTube spielen. Die ersten drei Folgen dieser Reihe, die jeweils zwischen 500.000 und 1.5 Millionen Klicks verbuchen können, nahmen die beiden Let’s Player di- rekt aufeinanderfolgend an einem einzigen Abend auf. Später kamen fünf weitere Folgen hinzu. Wie auch Florian Heider (s.o.) gehen Martin und Daniel erst unbedarft an das Spiel heran und spazieren durch den Wald.216 In der linken oberen Ecke zeigt die Facecam ihre beiden spärlich beleuchteten Gesichter. Als nach Aufsammeln der ersten Seite das Wummern einsetzt, äußern sie bereits mit dem Ausruf „Uahhh!“ ihr Unbehagen und Martin – der eigentlich nur Daniel beim Spielen zusieht – zieht reflexartig sein Gesicht vom Bildschirm zurück. „Ich hasse solche Musik“, kommentiert er. Als kurz darauf unvermittelt der Slenderman auftaucht und ein lauter Basston erklingt, schreien sie beide mit „Woaaaah!“ auf. „Da ist er! Da ist er!“, ruft Daniel, wobei er schon mit seinem Avatar davonrennt und Martin derweil vor dem Bildschirm aufgebracht vor und zurück wippt. Während sie noch schreien, lächeln sie zugleich. Im Spiel wird es wieder ruhig. „Boah Leute!“, keucht Daniel. Nach nur zweieinhalb Minuten Spielzeit sind beide Let’s Player bereits sichtlich ergriffen. Als Daniel die Taschenlampe des Avatars kurz anknippst, fährt ihn Martin aufgeregt an: „Mach doch die Taschenlampe aus! Bist du wahnsinnig?“ 216 | GameTube: Horror - Slender Gameplay mit Facecam #1 - Let’s Play Slenderman Game German (19.7.2012), 0:00-4:30. https://www.youtube.com/embed/W7eWF5fdrWA?start =0&end=270
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Gewalt im Computerspiel Facetten eines Vergnügens
Titel
Gewalt im Computerspiel
Untertitel
Facetten eines Vergnügens
Autor
Christoph Bareither
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-8394-3559-5
Abmessungen
14.8 x 22.5 cm
Seiten
370
Schlagwörter
Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 7
  2. 2. Theorie und Methode 15
    1. 2.1 Vergnügen 15
      1. 2.1.1 Pleasure 16
      2. 2.1.2 Praktiken 18
      3. 2.1.3 Doing Emotion 24
      4. 2.1.4 Emotionale Erfahrungen 33
    2. 2.2 Ludisch-virtuelle Gewalt 39
      1. 2.2.1 Zum Problem individueller Wahrnehmung 40
      2. 2.2.2 Physische Gewalt 47
      3. 2.2.3 Virtuelle Gewalt 51
      4. 2.2.4 Ludische Gewalt 58
    3. 2.3 Forschungsdesign 63
      1. 2.3.1 Eingrenzungen 64
      2. 2.3.2 Teilnehmende Beobachtung online und offline 65
      3. 2.3.3 Qualitative leitfadengestützte Interviews 75
      4. 2.3.4 Let’s Play-Videoanalyse 77
      5. 2.3.5 Analyse von Computerspielzeitschriften 83
      6. 2.3.6 Softwaregestützte Analyse ethnografischer Daten 85
      7. 2.3.7 Abgrenzungen 89
  3. 3. Virtuell-körperlich 93
    1. 3.1 Angriff 93
      1. 3.1.1 Effektstaunen 94
      2. 3.1.2 Einschlagslust 101
      3. 3.1.3 Avatare als Medien virtuell-körperlicher Erfahrung 108
      4. 3.1.4 Gekonntheit und Eleganz 115
      5. 3.1.5 Dominanz 126
      6. 3.1.6 ‚Männliche‘ Erfahrungen 137
    2. 3.2 Widerfahrnis 147
      1. 3.2.1 Stress, Spannung und Schreck 147
      2. 3.2.2 Affizierung 157
      3. 3.2.3 Schmerz und Tod 167
    3. 3.3 Aufrüstung 174
      1. 3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine 174
      2. 3.3.2 Looten und Leveln 190
  4. 4. Kompetitiv und kooperativ 199
    1. 4.1 Besser sein 199
      1. 4.1.1 Highscore 200
      2. 4.1.2 Player versus Player 205
    2. 4.2 Zusammenhalten 222
      1. 4.2.1 Gemeinsam kämpfen 224
      2. 4.2.2 Emotional Communities 235
  5. 5. Dramatisch und deviant 247
    1. 5.1 Einfühlen 247
      1. 5.1.1 Sich-Einlassen und Sich-Distanzieren 248
      2. 5.1.2 Traurigkeit und Wut 253
      3. 5.1.3 Gerechte Gewalt 261
    2. 5.2 Feinde machen 266
      1. 5.2.1 Abneigung und Hass 266
      2. 5.2.2 Dynamik der Rache 272
    3. 5.3 Überschreiten 279
      1. 5.3.1 Humorvolle Inkongruenzen 281
      2. 5.3.2 Ärgern und Trollen 293
  6. 6. Ambivalent 297
    1. 6.1 Ablehnen, rechtfertigen, genießen 297
      1. 6.1.1 Von der Ablehnung zur Akzeptanz 297
      2. 6.1.2 Positive Deutungen 301
    2. 6.2 Sich schlecht fühlen 304
      1. 6.2.1 Schockierung, Mitleid und kritische Reflexion 306
      2. 6.2.2 Schuld 313
  7. 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
  8. Literatur und Anhang 333
  9. Literatur 333
  10. Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
  11. Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
  12. Verzeichnis der geführten Interviews 364
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