Seite - 176 - in Gewalt im Computerspiel - Facetten eines Vergnügens
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GEWALT IM
COMPUTERSPIEL174
3.3 AUFRÜSTUNG
Die Qualität der Ausübung und der Widerfahrnis ludisch-virtueller Gewalt ist
in den meisten Computerspielen abhängig von variablen Aktionspotenzialen
des Avatars. Mit Aktionspotenzialen meine ich die Fähigkeit eines Avatars, un-
terschiedliche Bewegungen beziehungsweise Attacken ausführen zu können,
die erstens auf unterschiedliche Weise und zweitens mit unterschiedlicher Stär-
ke Schaden anrichten. Spätestens seit Anfang der 1990er-Jahre bleiben Avatare
im Spielverlauf von Actiongames nicht gleich, sondern verändern sich. Indem
sie neue Waffen, neue Rüstungen, neue Kampffahrzeuge oder Gegenstände er-
halten, neue Fähigkeiten oder Spezialkräfte entwickeln oder ganz generell stär-
ker werden, verändern sich auch die durch sie gemachten, virtuell-körperlichen
Erfahrungen.
3.3.1 Waffe, Rüstung, Kampfmaschine
Die wichtigste dieser Variablen sind virtuelle Waffen. Als virtuell bezeichne ich
diese Waffen, da sie innerhalb des Spiels als computervermittelte Repräsenta-
tionen physischer Waffen dienen und den Spielern die Nutzung der aus dieser
Ähnlichkeitsbeziehung entstehenden Bedeutungs- sowie Emotionspotenziale
erlauben (vgl. zum Virtualitätsbegriff auch Kap. 2.2.3). Repräsentationen physi-
scher Waffen sind sie auch dann, wenn die physischen Entsprechungen nicht
tatsächlich existieren (wie beispielsweise Laserschwerter). Ausschlaggebend ist
ihre Nutzung innerhalb der virtuellen Umgebung, in der sie zum Ankerpunkt
bestimmter Praktiken und als physisch repräsentierter Effekte werden: Geweh-
re, Pistolen, Raketenwerfer, Laserschwerter, mittelalterliche Äxte, Panzer oder
Kampfhubschrauber erlauben es den Spielern, virtuell Kugeln abzufeuern, Ra-
keten zu verschießen, Hiebe auszuführen oder über Gegner hinwegzurollen und
lösen dabei zahlreiche audiovisuelle Effekte wie Treffer, Schussgeräusche, Blut-
spritzer, Explosionen, wuchtige Sounds und Sterbeanimationen aus. Dadurch
werden virtuelle Waffen zu einem zentralen Element des Vergnügens an ludisch-
virtueller Gewalt.
Als Anfang der 1980er-Jahre Computer- beziehungsweise Videospiele für pri-
vate Endgeräte große Erfolge feierten, war ihre Grafik und damit auch die Darstel-
lung von Waffen aus heutiger Sicht minimalistisch. In Weltraum-Actionspielen
steuerte man meist ein Raumschiff gegen anrückende Alienhorden, wobei so-
wohl Gefährt als auch Gegner eher abstrakte Pixelgebilde waren, die sich nur mit
Hilfe der teils blumig geschriebenen Begleithefte zu den Spielen identifizieren
ließen. Auf Knopfdruck bewegten sich vom eigenen Raumschiff einzelne Pixel
als Schüsse weg und der Computer ließ dazu elektronische Quietschgeräusche
ertönen. Wo auch Repräsentationen menschlicher Avatare eingesetzt wurden, wa-
ren diese in Strichmännchenform gestaltet und ein Schwert war beispielsweise
nicht mehr als eine Pixellinie vor schwarzem Hintergrund.
Gewalt im Computerspiel
Facetten eines Vergnügens
- Titel
- Gewalt im Computerspiel
- Untertitel
- Facetten eines Vergnügens
- Autor
- Christoph Bareither
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3559-5
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 370
- Schlagwörter
- Gewalt, Videospiele, Mediensoziologie, Computerspiel, Kulturanthropologie
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 7
- 2. Theorie und Methode 15
- 3. Virtuell-körperlich 93
- 4. Kompetitiv und kooperativ 199
- 5. Dramatisch und deviant 247
- 6. Ambivalent 297
- 7. Zusammenfassung und Ausblick 321
- Literatur und Anhang 333
- Literatur 333
- Verzeichnis der zitierten Computerspielzeitschriftenbeiträge 353
- Verzeichnis der zitierten YouTube-Videos 359
- Verzeichnis der geführten Interviews 364