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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Seite - 59 - in Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)

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Das Zentrum formiert sich 59 hin zu dokumentieren. Als Rutherford der Aufforderung nicht nachkam, sein Foto für die Ahnengalerie berühmter Radioaktivisten im Institut bereitzustellen, drohte ihm Meyer scherzhaft : »Hofrat Exner meinte sogar man solle dazu alle Mittel der Erpres- sung zu Hilfe nehmen, um Sie zur Zusendung zu bewegen, wie die freilich nicht ernst zu nehmende Drohung, das dortige Radium aufzukündigen.«148 Die von der Akade- mie entliehenen Präparate ermöglichten es Rutherford, von Manchester aus das Spiel der Großen auf dem Feld der Radioaktivitätsforschung maßgeblich zu bestimmen. Kaum ein Mitglied der internationalen, aber auch keines der Radioaktivistengemein- schaft Österreich-Ungarns verfügte über genügend wissenschaftliches Ansehen, um mit ähnlich bedeutenden Leihgaben rechnen zu können. Außerdem untersagten die Statuten des Instituts für Radiumforschung seit 1910 den Verkauf und Verleih von Radium und anderen Muttersubstanzen wie Thorium oder Ionium nach auswärts.149 Der Radiumvorrat des Instituts sollte in erster Linie der Forschung vor Ort zugute kommen. Das Verbot wurde in vereinzelten Fällen allerdings umgangen. So erhielt die dem Institut eng verbundene Berliner Physikerin Lise Meitner von Georg von Hevesy angeblich hinter dem Rücken Meyers aus den Beständen des Instituts ein stärkeres Radium D-Präparat, mit dessen Hilfe sie β-Strahlen maß.150 Während die stärksten Präparate in Wien blieben, zeigte sich Meyer bei den radioaktiven Zerfallsprodukten großzügiger. Das Institut für Radiumforschung verfügte aus der Atzgersdorfer Radi- umproduktion über eine größere Menge Radioblei, das anfangs fast ausschließlich an die Mitglieder des Exner-Kreises verliehen wurde, also vorerst im Land verblieb. Später fanden die Radiobleilösungen den Weg in kleinere deutsche Laboratorien, wie zum Beispiel nach Halle, Göttingen oder Giessen. Vereinzelt verlieh das Institut auch radio- aktive Gesteinsproben.151 Im Gegenzug gelangten Informationen, welche Ergebnisse mittels des Materials erzielt wurden, aus dem In- und Ausland nach Wien.152 Wie wichtig es für den Fortgang der Forschungsarbeit war, möglichst ungehindert auf radioaktive Substanzen zugreifen zu können, zeigt ein Vergleich der Forschungsagenden in den Zentren der Radioaktivitätsforschung Paris, Berlin und Wien mit denen in der Peripherie. In Paris wurde ein breites Spektrum chemisch-physikalischer Fragestellungen bearbeitet. Marie Curie widmete sich hauptsächlich der Untersuchung der α- und später 148 CUL, RC, Add 7653, M 163 : Meyer an Rutherford vom 18.10.1913. 149 Vgl. AÖAW, Institut für Radiumforschung, K 1 : Stiftungsbrief und Statuten. Vgl. auch den ablehnen- den Bescheid in AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 19, Fiche 314 : Meyer an Svedberg vom 22.2.1913. 150 Vgl. Meitner an Hahn vom 25.4.1915, zitiert bei Ernst 1992, 45. 151 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 29, Fiche 397 : Entlehnungen ; ebd., K 21, Fiche 341 : Zur Kenntnis des Aufenthaltes radioaktiver Produkte aus dem Besitz der k. Akademie der Wissenschaften, undatiert. 152 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 15, Fiche 243 : Laub an Meyer vom 21.4.1912.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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