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Kerne, Kooperation und Konkurrenz - Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
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Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932126 cierte das belgische Unternehmen fast über Nacht zum größten Radiumproduzenten weltweit. Seit die Union Minière in den Radiummarkt eingetreten war, fiel der Preis für ein Gramm Radium binnen Jahresfrist von 120.000 US-Dollar auf 90.000 (1923) beziehungsweise etwa 70.000 US-Dollar in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre.156 Die bis dahin führenden US-amerikanischen Anbieter gaben ihre Produktion angesichts der Übermacht der Union Minière binnen Jahresfrist auf. Die Radium Corporation of Czecho-Slovakia blieb als einer der wenigen kleinen Anbieter am Markt, ihr jährliches Produktionsaufkommen lag aber nur bei zwei bis drei Gramm Radium.157 Als die Olener Produktion angelaufen war, untersuchten die Wiener wiederholt belgische Proben der Katanga-Erze mittels des Meyer-Mache-Fontaktometers auf ihren radioaktiven Gehalt.158 Zudem berichtete Meyer den Belgiern regelmäßig über den wissenschaftlichen Forschungsstand, die Entwicklungen auf dem Radiummarkt und über technische Fragen der Radiumgewinnung. Er gab bereitwillig Informationen weiter, an die er über sein persönliches Netzwerk gelangt war.159 Das belgische Unter- nehmen entlohnte die Dienste des Instituts für Radiumforschung großzügig. Im Herbst 1921 wies Leemans erstmals 120.000 Kronen für die Untersuchung der belgi- schen Uranerzproben an.160 Weitere Zahlungen folgten. So stellte Meyer beispielsweise 1924 dem belgischen Unternehmen 800 US-Dollar für Eichdienste und Aufschlie- ßungsarbeiten an sechs belgischen Erzproben in Rechnung.161 Zugleich war er peinlich darauf bedacht, das Bild des wirtschaftlich desinteressierten, nicht nach Gewinn stre- benden Wissenschaftlers aufrecht zu erhalten. Die Kooperation mit der Union Minière blieb trotz größter Diskretion allerdings nicht lange unentdeckt. So informierte Hess, der seit 1921 den Aufbau des Forschungslabors der United States Radium Corporation gestiegen und erreichte 1918 mit 13,6 Gramm Radium pro Jahr einen Spitzenwert. Insgesamt hatte die US-Radiumindustrie zwischen 1913 und 1918 39 Gramm Radium hergestellt. Vgl. Rentetzi 2008, 452. 156 Vgl. Adams 1993, 499. 157 Vgl. AR-AGR, UM, 259/1191 : Radium Output in Canada vom 6.1.1939. Das belgische Monopol wurde zu Beginn der 1930er Jahre gebrochen, als in Kanada reiche Pechblende-Vorkommen gefunden wurden. Nach ihrem Markteintritt 1935 lieferten sich die Kanadier mit der Union Minière einen Preis- kampf, in dessen Folge der Preis für ein Gramm Radium auf 12.000 US-Dollar fiel. Zugleich nahmen die US-amerikanischen Radiumfirmen die Produktion auf der Grundlage heimischer Carnotite wieder auf. 1938 bildeten die Rivalen ein Kartell, in dem die Union Minière den Löwenanteil des Marktes zugesprochen bekam, während man sich zugleich auf eine Preisuntergrenze von 20.000 US-Dollar für ein Gramm Radium einigte. Bis 1939 blieb das belgische Unternehmen der weltweit größte Uran- und Radiumproduzent. Vgl. Weart 1979a, 101. 158 Diese Arbeit übernahm später Friedrich Hecht, der bei Hönigschmid ausgebildet worden war. Vgl. Hecht/Körner 1928. 159 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 15, Fiche 249 : Meyer an Leemans vom 17.1.1922. 160 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 15, Fiche 249 : Leemans an Meyer vom 3.9.1921. 161 Vgl. AÖAW, FE-Akten, IR, NL Meyer, K 15, Fiche 249 : Meyer an Leemans vom 7.2.1924.
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Kerne, Kooperation und Konkurrenz Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Kerne, Kooperation und Konkurrenz
Untertitel
Kernforschung in Österreich im internationalen Kontext (1900–1950)
Autor
Silke Fengler
Herausgeber
Carola Sachse
Mitchell G. Ash
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-79512-4
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
380
Schlagwörter
Institute for Radium Research, nuclear research in Austria, History of science, National Socialism, The Cold War --- Radiuminstitut, Kernforschung in Österreich, Wissenschaftsgeschichte, Nationalsozialismus, Wissenschaftskooperation, Kalter Krieg
Kategorien
Naturwissenschaften Chemie
Naturwissenschaften Physik

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Kernforschung in Österreich im Spannungsfeld von internationalerKooperation und Konkurrenz 9
    1. 1.1 Internationalisierungsprozesse in der Radioaktivitäts- und Kernforschung : Eine Skizze 9
    2. 1.2 Begriffsklärung und Fragestellungen 10
      1. 1.2.2 Ressourcenausstattung und Ressourcenverteilung 12
      2. 1.2.3 Zentrum und Peripherie 14
    3. 1.3 Forschungsstand 16
    4. 1.4 Quellenlage 24
    5. 1.5 Aufbau der Arbeit 26
  2. 2. Österreich-Ungarn und die internationale Radioaktivitätsforschung, 1899–1918 30
    1. 2.1 Österreich-Ungarn in der internationalen Radiumökonomie 31
    2. 2.2 Das regionale Netzwerk formiert sich 40
      1. 2.2.1 Anfänge der Radioaktivitätsforschung im Kontext des Exner-Kreises 40
      2. 2.2.2 Kooperationsformen der Mitglieder 45
      3. 2.2.3 Wissenstransfer vom Zentrum in die Peripherie 46
    3. 2.3 Das Zentrum formiert sich 49
      1. 2.3.1 Gründung des Instituts für Radiumforschung 49
      2. 2.3.2 Verbindungen zur böhmischen Radiumindustrie 54
      3. 2.3.3 Verleih radioaktiver Substanzen durch die Akademie 57
      4. 2.3.4 Bereitstellung radioaktiver Präparate 61
    4. 2.4 Das Zentrum etabliert sich 67
      1. 2.4.1 Wien als metrologisches Zentrum der Monarchie 67
      2. 2.4.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission 69
      3. 2.4.3 Das Scheitern der Nomenklaturfrage im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn 79
    5. 2.5 Die Gefährdung des Zentrums 81
      1. 2.5.1 Die Radioaktivistengemeinschaft und der Erste Weltkrieg 81
      2. 2.5.2 Österreich-Ungarn in der neuen internationalen Radiumökonomie 88
    6. 2.6 Der Radiumreichtum : ein Wiener Monopol 91
  3. 3. Von der Radioaktivitäts- zur Atomzertrümmerungsforschung, 1919–1932 93
    1. 3.1 Die Naturwissenschaften in Österreich nach 1918 94
    2. 3.2 Das regionale Netzwerk festigt sich 97
      1. 3.2.1 Der Exner-Kreis und die Physik im Nachkriegsösterreich 97
      2. 3.2.2 Der Exner-Kreis zwischen Kooperation und Konkurrenz 107
    3. 3.3 Das Zentrum (re-)formiert sich 109
      1. 3.3.1 Wiederaufleben des internationalen Netzwerks 109
      2. 3.3.2 Wiederaufnahme des internationalen Präparateverleihs 117
      3. 3.3.3 »Unter keinen Bedingungen verbandelt« : Kooperationen mit der Industrie 122
      4. 3.3.4 Rückkehr auf die internationale Bühne 131
    4. 3.4 Das Zentrum in Aktion : Atomzertrümmerungsforschung als internationales Projekt 140
      1. 3.4.1 Stipendien für Zentrum und Peripherie 140
      2. 3.4.2 Atomzertrümmerungsforschung zwischen Kooperation und Konkurrenz 147
    5. 3.5 Die Anfänge der Atomzertrümmerungsforschung als Geschäft der Reichen 176
  4. 4. Kernforschung in Österreich, 1932–1938 178
    1. 4.1 Das Zentrum behauptet sich 179
      1. 4.1.1 Neue Standards für die Internationale Radiumstandard- Kommission 179
      2. 4.1.2 Neue Mitglieder für die Internationale Radiumstandard- Kommission 182
      3. 4.1.3 Der Ruf nach höchsten Spannungen in der internationalen Kernphysik 185
      4. 4.1.4 Die Wiener Reaktionen 190
      5. 4.1.5 Das Polonium-Netzwerk im Dienst der Neutronenforschung 193
      6. 4.1.6 Höhenstrahlungsforschung zwischen Peripherie und Zentrum 200
    2. 4.2 Das Zentrum verliert den Anschluss 206
      1. 4.2.1 Abzug ausländischen Kapitals 206
      2. 4.2.2 Marginalisierung im deutschsprachigen Wissenschaftskontext 218
    3. 4.3 Kernforschung in Österreich als nationales Projekt 226
      1. 4.3.1 Sparmaßnahmen 226
      2. 4.3.2 Der Streit um die Physikalischen Institute 228
      3. 4.3.3 Pläne für einen Teilchenbeschleuniger in Wien 231
    4. 4.4 Wüstentrockenheit auf dem Gebiet der Atomzertrümmerung 234
  5. 5. Kernforschung im Kontext des »Dritten Reiches«, 1938–1945 236
    1. 5.1 Das regionale Netzwerk wird zerstört 237
      1. 5.1.1 Die Auflösung des Exner-Kreises 237
      2. 5.1.2 Die Internationale Radiumstandard-Kommission im ZweitenWeltkrieg 241
    2. 5.2 Auf der Suche nach neuen Organisationsformen 252
      1. 5.2.1 Die Neuordnung der Physikalischen und Chemischen Institute 252
      2. 5.2.2 Die Suche nach neuen industriell-wissenschaftlichen Netzwerken 260
    3. 5.3 An der Peripherie des neuen Netzwerks 264
      1. 5.3.1 Forschungsarbeiten im Auftrag des Militärs 265
      2. 5.3.2 Neue Pläne zum Bau eines Teilchenbeschleunigers in Wien 270
      3. 5.3.3 Der problematische Radiumnachschub 276
      4. 5.3.4 Kernforschung für den Uranverein 282
      5. 5.3.5 Geophysik im Kontext des SS-Ahnenerbes 300
    4. 5.4 Das Kriegsende 304
    5. 5.5 Den Krieg für die Wissenschaft nutzbar machen 305
  6. 6. Kernforschung für die Alliierten – ein Epilog 307
    1. 6.1 Alliierte Geheimdienste auf den Spuren der Kernforschung in Österreich 308
    2. 6.2 Die Alliierten als Arbeitgeber 312
    3. 6.3 Kernforscher aus Österreich : Keine Munition im »Arsenal des Wissens« 320
  7. 7. Schluss 322
  8. 8. Anhang 334
  9. Abkürzungsverzeichnis 334
  10. Verzeichnis der benutzten Archivbestände 336
  11. Literaturverzeichnis 340
  12. Personenregister 369
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