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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Bei Richard Kerschagl wird eine gewisse Prägung durch Spann in der Stu- dentenzeit angenommen, er selbst distanzierte sich aber von ihm.287 Gleich- wohl publizierte er in den frühen dreißiger Jahren häufig im StL. Dort und in der SZ verarbeitete er in selbständigen Beiträgen288 und Rezensionen289 das Gedankengut des Meisters. Sein eigenes, 1932 erschienenes Buch De- visenbewirtschaftung. Ein Abriss ihrer ökonomischen Probleme wurde von Spann wohlwollend besprochen.290 Auch in der katholischen Soziallehre blieben Spanns Vorstellungen von der ständischen Ordnung – ungeachtet einzelner kritischer Stimmen – lange Zeit maßgebend; erst die Enzyklika Mater et Magistra (1961) bewirkte eine Revision.291 Ein Vermittler seiner Ideen zu christlichsozialen Kreisen war Ignaz Seipel.292 August M. Knoll nannte Spann den „Theoretiker“, Seipel den „Politiker des berufsständischen Freiheitsgedankens“.293 In katholischen Kreisen teilte man Spanns Kritik an Liberalismus und Kapitalismus, nicht aber seine autoritäre Verherrlichung des Staates auf Kosten des Individu- ums sowie von Kirche und Familie.294 Es gab aber auch ständischem Denken gegenüber offene Zeitgenossen, die Spann nicht ernst nahmen: Für jene, die von einer von unten nach oben führenden Struktur ausgingen, veranschlagte er die Rolle des Staates zu hoch.295 Edmund Glaise von Horstenau nannte ihn einen „politischen Phan- tasten“296, und in einem 1930 vor der Grazer Philosophischen Gesellschaft gehaltenen Vortrag fiel für seine Anhänger das auf bedingungslose Abhän- gigkeit deutende Wort „Jünger“.297 Gleichwohl gilt Spann als einer der einflussreichsten Denker der Zeit, des- sen Handschrift auch in der Maiverfassung zu erkennen sei.298 Er selbst di- stanzierte sich von dieser allerdings, weil sie zu viele Konzessionen an den Liberalismus enthalte und weil sie den Begriff „Stand“ vornehmlich als „Be- rufsstand“ verstehe; dem Dollfuß-Regime warf er diktatorischen Charakter 287 B. dachs, Richard Kerschagl, 9–15 und 34. 288 StL 1932, 203–210 (R. KerschaGl); SZ 19. 6. 1927 (R. KerschaGl); 27. 3. 1932 (R. Ker- schaGl); 4. 3. 1934 (R. KerschaGl). 289 StL 1932, 166 f. und 224 f. (R. KerschaGl). 290 StL 1932, 117 (O. sPann). 291 O. weiss, Rechtskatholizismus, 85. 292 K. v. KlemPerer, Ignaz Seipel, 113;P. nolte, Die Ordnung, 181; wohnout, Regierungsdikta- tur, 21–23. 293 Knoll, Der soziale Katholizismus, 13. 294 diamant, Katholiken, 123 f.; senft, Im Vorfeld, 60; tálos, Voraussetzungen, 257. 295 becher, Der Blick, 61. 296 Glaise-horstenau, Erinnerungen, 91 f. 297 Kremer, Staatsphilosophie, 5. 298 lacKner, Die Ideologie, 57 f.; schneller, Zwischen Romantik und Faschismus, 110–112. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN86
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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