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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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ment zu gehören.859 Dem Staat, so seine Kernbotschaft, komme keinerlei Re- alität zu – so, wie es keine Behörden, sondern nur Beamte, keine Gerichte, sondern nur Richter, kein -land oder -reich, sondern nur die jeweiligen Bür- ger desselben gebe: Daher seien Begriffe wie „Staatsinteresse“ oder „Staats- wohl“ abstrakter Natur. Der Staat habe einzig als Ordnungsmacht eine Be- rechtigung, die aber nur Mittel, nicht Zweck sei. Der „absolute und totale Staat“ sei „nichts als eine Entartung des reinen Staatsgedankens“.860 Deut- lich hatte Stourzh erkannt, dass Mussolinis Staat kein echter Ständestaat war, „weil im wirklichen Korporationsstaat eben die Staatsmacht, vom stän- disch geordneten Volk ausgehend, den Korporationen zukommt und nicht ei- ner Führerkaste ohne Verantwortung und ohne Begrenzung der Amtsdauer. Ein wahrer Ständestaat kann niemals ein Diktaturstaat sein und ein Dikta- turstaat ist kein Ständestaat“.861 Nicht minder eindeutig legte er Mussolinis unlautere Beweggründe zur Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche offen, etwa in Gestalt der Kritik des Gedankenguts von Julius Evola.862 Diese Einschätzung des Korporativsystems traf sich mit jener von Ernst Karl Win- ter, der es eine „ex auctoritate“ erfolgte „Konstruktion“ nannte, welche die organische Entstehung eines echten Ständestaates aus den Interessen der Wirtschaftsträger verhindere und die unabdingbare „Interessensolidarität“ nicht entstehen lasse.863 1937, aus Anlass des zehnjährigen Jubiläums der Carta del Lavoro, griff die MSchKP das Thema Faschismus auf. Sie würdigte das Dokument als „Magna Charta“ der faschistischen Sozialpolitik, hielt sich mit eigenen Stel- lungnahmen aber zurück, um stattdessen die von der italienischen Presse betonten Vorzüge zu referieren, insbesondere den Reichtum an ethischen und sozialen Grundsätzen, der zumal im Vergleich mit dem Kommunisti- schen Manifest Beifall verdiene.864 Klingen in diesem Artikel kritische Töne nur leise an, so sind diese schon deutlicher vernehmbar, wenn es an anderer Stelle hieß, der Staat sei „erheblich“ an der Willensbildung beteiligt und or- ganisatorisch sei noch viel zu leisten865; außerdem bestehe auch im korpora- tiven System die Gefahr der Verfolgung ausschließlich eigener Interessen und einer staatsfeindlichen Haltung der Korporationen.866 859 H. stourZh, Gegen den Strom, 29. 860 H. stourZh, Gegen den Strom, 125–131. 861 H. stourZh, Gegen den Strom, 152. 862 H. stourZh, Gegen den Strom, 36, 119 und 124; zu Evolas auf die Kirche bezogenen Äuße- rungen vgl. aZZaro, Deutsche Geschichtsdenker, 632–635; thöndl, Oswald Spengler, 51 f. 863 heinZ, E. K. Winter, 49. 864 MSchKP 2, 866. 865 MSchKP 2, 578 f. 866 MSchKP 2, 483 f. 3.5 DIE NACHBARSCHAFT DES FASCHISTISCHEN ITALIEN 145
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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