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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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nen den ganzen Menschen usurpierenden Staat; die Maiverfassung lehne sich eng an das Staatsgrundgesetz von 1867 an.1087 Ein sehr positives Resultat erbrachte auch die 1935/36 vorgenommene Analyse der Maiverfassung durch Eric Voegelin.1088 Sein Denken bewegte sich im Spannungsfeld der grundlegend verschiedenen Charaktere jener bei- den Lehrer, die ihn am meisten geprägt hatten: Othmar Spann stand für die Verbindung von Staats- und Verfassungstheorie mit umfassender kulturwis- senschaftlicher Bildung, Hans Kelsen war der Gewährsmann für die saubere Methode. In der Substanz hielt Voegelin dessen Auffassung von seinem Fach aber für verengt. Die Gründe hierfür waren die eigene Prägung durch kon- servative Denker wie Oswald Spengler oder Arnold J. Toynbee1089 und wohl auch die philosophische Nähe zum christlichen Personalismus1090 sowie Kel- sens Nähe zur Sozialdemokratie und die ihm angelastete Blindheit für den realen Zusammenhang zwischen Staat und Recht.1091 Voegelins Vorbehalte gegen die „reine Rechtslehre“, die nur das Sollen, nicht das Sein anerkenne, wandten sich gegen deren positivistischen und neukantianischen Charakter: Ihm schien, bei Kelsen bestimme die Methode den Gegenstand und nicht, wie es sein solle, der Gegenstand die Methode.1092 Den positivistischen Men- schen setzte er mit dem sozialistischen und dem nationalsozialistischen gleich. Alle drei waren für ihn Vertreter totalitärer Weltanschauungen. Sich selbst verstand er als Vertreter eines konservativ-katholischen Liberalis- mus, der sich, um es mit Friedrich Heer auszudrücken, „an der Front des Menschen“ engagierte.1093 Der autoritäre Staat, eine reife, kulturhistorisch fundierte empirische Verfassungslehre, in der er die Maiverfassung und ihre geistesgeschichtli- chen Hintergründe analysierte1094, bot Voegelin Gelegenheit, seine Kritik an Kelsen zu veranschaulichen.1095 Jahre später, in den Autobiographischen Reflexionen, bemerkte er dazu, er habe nachzuweisen versucht, dass ein au- toritärer Staat, der radikale Ideologien in Schach halte, die beste Möglich- 1087 merKl, Individuelle Freiheit, 266–271. 1088 winKler, Geleitwort, XXIV; hoor, Wandlungen, 449 f. 1089 winKler, Geleitwort, IX. 1090 connelly, From Enemy, 155. 1091 winKler, Geleitwort, XXVII; kritisch olechowsKi/staudiGl-ciechowicZ, Staatsrechtslehre, 231. 1092 buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 17–21; henKel, Eric Voegelin, 59; neis- ser, Eric Voegelin, 21–24; winKler, Geleitwort, VI, X–XIII und XVI–XIX. 1093 Zit. nach adunKa, Friedrich Heer, 530 f. 1094 1936 wurde das Werk als wichtiger Beitrag zum Verständnis der Situation Österreichs gewürdigt; MSchKP 1, 1043 f. (P. berGer). 1095 henKel, Eric Voegelin, 53; winKler, Geleitwort, VII und XV. 3. DER POLITISCH-GEISTESGESCHICHTLICHE RAHMEN174
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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