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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 175 -
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keit zur Verteidigung der Demokratie darstelle; er sei das kleinere Übel als der Nationalsozialismus.1096 In diesen Worten klingt ein zentrales Problem der Arbeit an, nämlich das der Legitimität der Maiverfassung. Für Voegelin kam Legitimität in Autorität durch Ordnung zum Ausdruck; ein legitimer Herrscher brauche keine verfassungsrechtlichen Schranken.1097 Zum Nachweis der Legitimität der Maiverfassung blickte Voegelin in die Vergangenheit zurück: In der Monarchie sei Österreich keine Nation im westeuropäischen Sinn gewesen, sondern habe sich immer im Schwebezu- stand zwischen Reich und Staat befunden. 1918 habe – eine Parallele zu Merkl – „ein bewusstes politisches Volk“ gefehlt, was der demokratischen Legitimität der Republik abträglich gewesen sei. Die Verfassung von 1920 habe der Mentalität des österreichischen Volkes nicht entsprochen, der Par- lamentarismus habe es gespaltet.1098 1933 sei außenpolitisch eine Situation eingetreten, die eine rasche Lösung des Problems erzwungen habe: 1934 sei folglich kein Verfassungsbruch erfolgt, sondern die Setzung neuen Verfas- sungsrechts1099; die Maiverfassung habe den Schritt „vom Reich zum Staat“ gesetzt.1100 Hinsichtlich der theoretischen Grundlagen bezog sich Voegelin auf die katholische Soziallehre und auf Ignaz Seipel.1101 Schwerpunkte bildeten die Betonung des Unterschieds zwischen dem Ständebegriff der vorkon- stitutionellen Zeit und dem modernen Ständestaat (eine „irreführende Namensgleichheit“) sowie der im Mittelalter noch nicht bestehenden Ver- schiedenheit von Staat und Gesellschaft. Die aktuelle Ständeidee, die in der vertikalen Gliederung der Gesellschaft auch Aufstiegsmöglichkeiten biete, transportiere daher geradezu liberales Gedankengut.1102 Er wünschte eine möglichst sichtbare Stufenordnung der Gesellschaft.1103 Das Autoritäre sei an der Maiverfassung keineswegs der primäre Aspekt; ihre Grundsätze lägen vielmehr in den in der Präambel genannten Eigen- schaften.1104 In einer Spann verpflichteten Einleitung beschrieb Voegelin das Autoritäre als eine die Vielheit geistiger und materieller Interessen zu ei- 1096 voeGelin, Reflexionen, 59; vgl. henKel, Eric Voegelin, 22; neisser, Eric Voegelin, 23; zu Voegelins Ablehnung totalitärer Systeme vgl. mimica, Rechtsphilosophische Probleme, 116–128. 1097 buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 4–6. 1098 Vgl. auch buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 60 f. 1099 buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 35. 1100 henKel, Eric Voegelin, 54–56; KluGe, Bauern, 439. 1101 mimica, Rechtsphilosophische Probleme, 110–115. 1102 voeGelin, Staat, 204–207. 1103 voeGelin, Staat, 208–211. 1104 voeGelin, Staat, 182–185; vgl. buKoscheGG, Das ständisch-autoritäre Österreich, 43–48. 3.9 DIE MAIVERFASSUNG IN DER ANALySE KRITISCHER ZEITGENOSSEN 175
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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