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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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klassischen Liberalismus.119 Da aber die naturrechtliche Harmonisierung allein versage, müsse der Staat planend eingreifen.120 Euckens Ideal lag in der Mitte zwischen dem Interventionismus des Wohlfahrtsstaates und radi- kal-libertärem Politikverzicht.121 Sein pessimistisches Menschenbild ließ ihn die zerstörerische Kraft der Massen und den damit einhergehenden Verfall des Denkens fürchten, wobei er sich auf Gustave Le Bon berief.122 Es fehlte ihm aber nicht die Hoffnung, dass die Menschen, anders als im Sozialismus, das Denken in Ordnungen internalisieren und Regeln freiwillig befolgen würden.123 Die Freiburger Schule als „Kombination von unterdrücktem poli- tischen Liberalismus und reformiertem Wirtschaftsliberalismus“ zu bezeich- nen, die auch mit dem Faschismus vereinbar sei124, wird ihr nicht gerecht. In manchen Details vom Freiburger Ordoliberalismus abweichend, über- trug der soziologisch geprägte Liberalismus von Alfred Müller-Armack dem Staat auch die Verwirklichung sozialer und gesellschaftspolitischer Ziele.125 Stärker als Eucken betonte er die Bedeutung religiöser Faktoren in der Wirtschaftsgeschichte und die Unzulänglichkeit der Marktwirtschaft: Sie dürfe nicht selbst Werte setzen, sondern müsse diese empfangen.126 Sie sei ein produktiver Mechanismus, dem durch Sozial- und Gesellschaftspolitik ethischer Gehalt hinzugefügt werde.127 Ähnliches gilt für Wilhelm Röpke, 1928/29, wie erinnerlich, in Graz leh- rend (Kap. 3.4), der die Nationalökonomie als Geisteswissenschaft betrachte- te.128 Der Mensch brauche auch ideelle Werte129, mahnte er die Zeitgenossen, die in seinen Augen den Sinn für anthropologische Konstanten verloren hat- ten.130 In den dreißiger Jahren verstand er sich als Prophet der drohenden Apokalypse; seine damals gereiften Arbeiten gehören zu den Hauptwerken der totalitarismustheoretischen Reflexion des 19. und 20. Jahrhunderts.131 Mit Engagement sprach er sich sowohl gegen den Nationalsozialismus als auch 119 rembold, Das Bild, 269–272. 120 GerKen/renner, Die ordnungspolitische Konzeption, 22; A. rauscher, Das Menschenbild, 192 f. und 205; rembold, Das Bild, 295–299. 121 GerKen/renner, Die ordnungspolitische Konzeption, 36 f.; Goldschmidt, Walter Eucken, 152; wildmann, Einführung, 94 f. 122 rembold, Das Bild, 281 f. 123 rembold, Das Bild, 287 f. 124 somma, Der Faschismus, 166. 125 schäfer, Perspektiven, 140; vanberG, Soziale Sicherheit, 229 f. 126 A. rauscher, Das Menschenbild, 189 f.; vanberG, Soziale Sicherheit, 233. 127 schäfer, Perspektiven, 142–144; vanberG, Soziale Sicherheit, 242. 128 habermann, Das Maß, 63 f. 129 habermann, Das Maß, 88. 130 habermann, Das Maß, 14. 131 mooser, Liberalismus, 139. 4. DIE POLITISCH-GESELLSCHAFTLICHE LAGE192
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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