Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 207 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 207 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Bild der Seite - 207 -

Bild der Seite - 207 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text der Seite - 207 -

treter im Jahr 1873 wurde der Ton rüder, „abgestimmt auf jene, von denen die nunmehrigen Berufspolitiker wiedergewählt werden wollten“ (B. Sut- ter).298 1897 kam es in Zusammenhang mit den Badenischen Sprachverord- nungen zu tumultuarischen Ausschreitungen, die dem Parlamentarismus in Österreich „einen nicht wieder gutzumachenden Schaden“ (A. Wandruszka) zufügten.299 1905 wurde das Hohe Haus – zum Befremden ganz Europas – von einem seiner bekanntesten Abgeordneten, dem Sozialdemokraten Vic- tor Adler, auf das Heftigste verunglimpft.300 Nach der Wahlrechtsreform von 1907 änderte sich die Situation nicht wesentlich.301 In diesem Zusammenhang bedürfen die seit dem späteren 19. Jahrhun- dert geführten Diskussionen über das Wahlrecht der Erwähnung. Mit dem damals im Raum stehenden allgemeinen Wahlrecht verband selbst der so- zialistische Politikwissenschafter Richard Löwenthal negative Entwicklun- gen, nämlich die Entstehung offener Interessenparteien, die den Staat zu einer großen „Interessenbörse, in der die Kompromisse der Klassen ausge- handelt werden“, degradieren lasse: Dies bedeute „eine charakteristische Endform der Demokratie“.302 Stellvertretend für die im Kreis christlicher Akademiker herrschende An- sicht sei die von Friedrich Funder geforderte „Ablehnung einer bloß mecha- nischen Wahlrechtserweiterung“ hervorgehoben.303 Gegen das allgemeine Wahlrecht seien schon deshalb Bedenken angebracht, weil es „weder Tugend noch Tüchtigkeit berücksichtige“, sondern sozialistischer Gleichmacherei diene. Daher entwarf er ein Projekt, dem zufolge qualifizierte und erfahrene Personen über mehr Stimmen verfügen sollten.304 Schwere Vorbehalte bestanden in den Reihen des CS: Otto M. Karpfen nannte das allgemeine Wahlrecht „die Achillesverse der Demokratie“305, Emmerich Prettenhofer sprach von „Brutalität der Zahl“306, Rudolf Herrn- ritt erklärte die Unabhängigkeit des Volksvertreters als Repräsentanten des gesamten Volkes für eine Fiktion.307 Dietrich von Hildebrand befürch- tete „Zufallsmehrheiten“, durch welche die „befähigten Persönlichkeiten“ 298 sutter, Probleme, 563. 299 wandrusZKa, Krise, 65–77; vgl. Gehler, Politischer Wandel, 28; sutter, Probleme, 547. 300 sutter, Probleme, 541 und 546. 301 hanisch, Illusionist, 60. 302 löwenthal, Faschismus [1935], 74–77. 303 funder, Vom Gestern, 63; reiss, Dr. Friedrich Funder, 160. 304 Pfarrhofer, Friedrich Funder, 174; vgl. auch busshoff, Dollfuß-Regime, 206. 305 CS 16. 9. 1934 (O. M. fidelis). 306 CS 14. 1. 1934 (E. Prettenhofer). 307 CS 14. 1. 1934 (R. herrnritt). 4.2 KRITIK AN DER PARLAMENTARISCHEN DEMOKRATIE 207
zurück zum  Buch „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?