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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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sensmerkmal des Menschen, als Mittel des Denkens und als Ausdruck des kulturellen Niveaus beimaß: „Je reicher die Gedanken, je bunter die Sätze, desto strenger das Gesetz, durch das unser Sprechen aus einem sinnlosen [...] Wust von etlichen Dutzend Lauten herausgehoben wird“150, war er über- zeugt. Sprachen mit großer Formenvielfalt ermöglichten ein differenzierte- res Denken.151 Das „Wunder der Syntaxien“ und die „Feingliedrigkeit des Satzes (und der Rede) oder der ‚hypotaktische’ Aufbau“, der „wohl […] auf- fallendste Zug unserer Hochsprachen“, versetzte den Chemiker in geradezu philosophisches Staunen.152 Für Franz Karl Ginzkey wurde die Seinsordnung in der Natur greifbar: Es gedeihe nichts, was ihren Gesetzen nicht entspreche; auch die Kunst habe sich „den harmonischen Geboten des Ausgleichs und der Anpassung“ zu unterwer- fen:153 Dann verhelfe sie zu einem besseren Umgang mit der eigenen Zeit „der verworrenen Stimmen, der peinigenden Widersprüche, der qualvollen Ratlosig- keit“.154 An der Kadettenschule in Triest (1889–1891) hatte er sich in Adalbert Stifters Nachsommer vertieft155; er schätzte an dem Dichter aus dem Böhmer- wald, dass er die freiwillige Einfügung in die Weltordnung verlange, das Na- tur- und Sittengesetz für unentrinnbar halte und die „Wahrheit im organischen Aufbau alles Lebendigen“ thematisiere.156 Er selbst habe nie Erhabenheit ge- sucht, sondern immer nur „Fühlung mit der Natur in allen ihren Reichen“.157 Nicht zuletzt verband ihn mit Stifter die Liebe zum Kleinen, Unscheinbaren: Sie erklärt seine Vorbehalte gegen die „blutlose Internationale“ und „die über- feinerte und überspitzte Geistigkeit“.158 Hier lag ein Berührungspunkt mit uni- versalistischen Denkern, die Stifter bescheinigten, „den Kampf des höheren Menschen und des höheren sittlichen, geistigen und künstlerischen Gedankens gegen die verfallende Zeit“ erfolgreich geführt zu haben, und seinem Bestre- ben, Naturgesetze auf die Gesellschaft anzuwenden, Beifall spendeten, weil die Dichtung auf diese Weise in den Dienst der „Versittlichung des Volkes“ trete. Zugleich werde dadurch ständisches Denken verwirklicht – in allen seinen Fa- cetten, insbesondere mit Blick auf die Verbindung aller Stände als Lebensfor- men, in denen die je spezifischen Besonderheiten zählten.159 150 höfler, Bleibende Stände, 199. 151 höfler, Bleibende Stände, 210. 152 höfler, Bleibende Stände, 211. 153 GinZKey, Heimatsucher, 86. 154 Zit. nach K. waGner, Heimat- und Provinzliteratur, 237. 155 heydemann, Literatur und Markt, 16. 156 GinZKey, Heimatsucher, 96 f. 157 GinZKey, Heimatsucher, 40. 158 Zit. nach K. waGner, Heimat- und Provinzliteratur, 225. 159 StL 1932, 211–220 (I. roloff). 5. DER MENSCH IST PERSON226
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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