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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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elles und soziales Wesen.453 Die Berufung des Einzelnen, in der seinen An- lagen entsprechenden Weise zur Wohlfahrt der Menschheit beizutragen, sei seiner Freiheit nicht hinderlich.454 Demgegenüber gehe „Ent-Persönlichung“ mit einem mechanisierten, von Vermassung, Entwurzelung und Sinnentlee- rung gekennzeichneten Gesellschafts- und Wirtschaftsleben einher.455 Die personalistische Philosophie sah das Wesen der Person in der Fähig- keit, den anderen nicht nur unter dem Aspekt der Bedeutung für den eige- nen Lebenszusammenhang zu sehen456: „Personsein“, so Robert Spaemann, „ist das Einnehmen eines Platzes, den es gar nicht gibt ohne einen Raum, in dem andere Personen ihre Plätze haben.“457 Dietrich von Hildebrand sprach von „Bindungen, die nicht der Willkür des Menschen entspringen“458, und unterschied echte Gemeinschaft vom künstlichen Zweckverband459, der, für Karl Mannheim ein Kind des neuzeitlichen Rationalismus, nicht die beson- dere Persönlichkeit, sondern nur das Allgemeingültige gelten lasse.460 Nach Othmar Spanns universalistischem Konzept baut sich das Indivi- duum in seinem geistigen Sein und Wesen im Dasein mit anderen auf, mit denen es vielfältig und innig verwoben ist. Dieses Denken verdichtete sich in Aussagen wie „Meine Freiheit ist nur dadurch möglich, dass ein anderer ist“; als Gegenbegriff nannte der Wiener Philosoph „geistige Isolierung“.461 Franz Hörburger war überzeugt: „Nur an einem gegenüberstehenden Part- ner kommt das Ich zum Bewusstsein seiner selbst.“462 Karl Lugmayer verwendete – gegen die seit Ferdinand Tönnies übliche Praxis der Soziologen – den Begriff „Gemeinschaft“ synonym mit „Gesell- schaft“463, weil die Unterscheidung, so in Analogie zu Max Scheler464, bei personaler Betrachtung irrelevant sei.465 Lediglich äußere Beziehungen zwischen den Menschen für unzulänglich erklärend466, war er dem von Tön- 453 hättich, Wirtschaftsordnung, 22–36. 454 schindler, Lehrbuch II, 348; A. M. weiss, Wesen, 15– 17. 455 huber, Die Verfassung, 24. 456 rotter, Person, 32–36; sPaemann, Personen, 197; schmidinGer, Der Mensch, 25. 457 sPaemann, Personen, 193; schmidinGer, Der Mensch, 125. 458 v. hildebrand, Engelbert Dollfuß, 68. 459 v. hildebrand, Engelbert Dollfuß, 74. 460 mannheim, Konservatismus, 80. 461 sPann, Wahrer Staat, 53 f.; vgl. becher, Der Blick, 111; Kaltenbrunner, Europa, 387; sieG- fried, Universalismus, 34; zur Kritik Kremer, Staatsphilosophie, 19. 462 hörburGer, Geschichte, 7. 463 tönnies, Gemeinschaft und Gesellschaft, passim; vgl. hanisch, Konservatives und revoluti- onäres Denken, 210. 464 fellmann, Daseinswelt, 163. 465 K. luGmayer, Philosophie, 110. 466 K. luGmayer, Linzer Programm, 56. 5.5 PERSÖNLICHKEIT UND GEMEINSCHAFT 257
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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