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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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schluss „unlauterer oder unverlässlicher Elemente“ wurde angedacht.169 In der Journalistengewerkschaft war 1935 ein Ehrengericht eingeführt wor- den. Ab 1937 bestand beim Bundeskanzleramt ein „Standesstrafsenat für das Pressewesen“, der an eine „Standesordnung“ gebunden sein sollte; erster Vorsitzender war Friedrich Funder.170 Anton Thir setzte den Akzent auf die „Standespflichten“, deren Erfüllung er als Gebot der Kirche betrachtete.171 Eduard Tomaschek sprach die mit der Umsetzung von derlei Idealen verbundenen Probleme am Beispiel der Be- amten an: Er appellierte an das Ethos einer Gruppe, die in Österreich seit je- her einen hohen Stellenwert gehabt habe. Im Beamten als „Mittler zwischen Staatsgedanken und Volksleben“172 beschrieb er einen zentralen Aspekt des Begriffs „Stand“ nach dem Verständnis der dreißiger Jahre. Franz Brandl verfiel im Gespräch über die altösterreichischen Beamten in geradezu nostalgisches Schwärmen: Die Diener Habsburgs seien „selbst das Bewegende im Organismus des Staates“ gewesen, während die Organe der Republik „das Bewegte“ seien.173 Friedrich Funder hingegen sah keinen Gegensatz zwischen Monarchie und Republik und lobte die „unbestechliche Rechtschaffenheit“ der Beamten auch in den Nachfolgestaaten.174 Seine Äu- ßerungen erinnern an die des Wiener Landesschulinspektors und Schriftstel- lers Oskar Benda175, der den Beamten eine „dienstaristokratische Spielart des feudalen Stils“ bescheinigte176, oder an Franz Werfels Begriff des sacri- ficium nationis.177 Franz Rehrl sah die Notwendigkeit, diese Tradition zwar weiterzuführen, doch mit Anpassungen an die neue Zeit.178 Diese Stimmen akzentuierten die vom preußischen Historiker Otto Hintze um 1910 erläuter- ten idealtypischen Wesenszüge des Beamten, der seine gesamte Persönlich- keit in den Beruf steckt und dem Dienstgeber nicht so sehr durch ein Rechts-, sondern durch ein Vertrauensverhältnis verbunden ist, bei dem Treue, Er- gebenheit, Pflichteifer bzw. patriarchalische Fürsorge, also personale Werte, zentral sind.179 Durch diese blieben bis ins 20. Jahrhundert „ständische Reste 169 Zit. nach Golowitsch, Der berufsständische Aufbau, 76. 170 Golowitsch, Der berufsständische Aufbau, 79–83. 171 thir, Frauengestalten 1, 54, 59 und 62; 2, 294 und 304. 172 CS 13. 3. 1938 (E. tomascheK). 173 brandl, Kaiser, 8 f. 174 funder, Vom Gestern, 59 f. 175 Zu ihm vgl. hanisch, Traditionelle Männlichkeitsrollen, 222; Johnston, Der österreichische Mensch, 37 und 224–241. 176 Zit. nach suPPanZ, Der österreichische Mensch, 19. 177 Johnston, Der österreichische Mensch, 244–250. 178 hanisch, Franz Rehrl, 18. 179 hintZe, Der Beamtenstand, 21–23; vgl. Johnston, Der österreichische Mensch, 290–294. 6.3 DER STAND UND DAS STANDESGEMÄSSE 319
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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