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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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nicht so scharfen Ausdruck wie Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi, der von einem Verfall der „Feudalaristokratie“ zugunsten der „Pseudo-Aristo- kratie des Geldes“ – eine langfristige Folge der Französischen Revolution – sprach.191 Jeglichem Standesdünkel abhold192 war der in feudaler Umgebung aufge- wachsene Hans Karl Zeßner-Spitzenberg, der sein feines Organ für soziale Not nie verlor.193 Er darf geradezu als die Verkörperung desjenigen gelten, der den von Coudenhove-Kalergi eingeforderten Wahlspruch wahren Adels, noblesse oblige194, im echtesten Sinn des Wortes lebte. Schon 1905, als Stu- dent in Prag, hatte er sich über gesellschaftliche Konventionen hinwegge- setzt, indem er der CV-Verbindung Ferdinandea beitrat, obwohl dies für einen Adligen als nicht standesgemäß galt.195 Später, als Universitätsprofes- sor, forderte er eine hohe Wertschätzung für die „gesellschaftlich minder be- werteten Berufsleistungen“:196 Diese solle gerade „uns als Träger ‚höher’ ge- werteter akademischer Berufsarbeit vor Überheblichkeit schützen“.197 Damit formulierte er einen im CV leitenden Grundsatz: Zum akademischen Stan- desbewusstsein gehöre nicht in erster Linie das Bewusstsein der Rechte, sondern vielmehr der Pflichten; das einfache Volk dürfe auf Seiten der Aka- demiker „keine Überheblichkeit“ wahrnehmen.198 Der Sinn für akademische Standesehre199 versperrte also nicht den Blick aufs Ganze. Hans Pernter ver- glich den CV mit einem Ritterorden; er forderte ein Gemeinschaftsgefühl der civitas academica, der universitas magistrorum et scholarium.200 Franz Karl Ginzkey thematisierte den Nexus zwischen der materiellen und der ideellen Komponente des Standesbegriffs, indem er sich über den Staat beklagte, der von seinen Offizieren ein „standesgemäßes Auftreten“ verlange, ihnen aber kein Einkommen biete, das eine Familiengründung ermögliche.201 Er hatte sich selbst lange in dieser Lage befunden. 1899 hatte er dann aber einen Status erreicht, der ihm eine Eheschließung erlaubte. Als Militärbeam- ter hatte er geringeren Ansprüchen an die Standesgemäßheit zu genügen als 191 coudenhove-KalerGi, Adel, 31 f. 192 fux, Für Christus, 22. 193 K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 10. 194 coudenhove-KalerGi, Adel, 37 f.; vgl. steKl, Österreichs Adel, 109. 195 fritZ, Farben tragen, 378 f.; waltersKirchen, Blaues Blut, 70; K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 18. 196 K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 21; fux, Für Christus, 23. 197 K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 52 f. 198 Krasser, Sinn und Zweck, 111. 199 hoPfGartner, Schuschnigg, 42. 200 Pernter, Gedanken, 91 f. 201 GinZKey, Heimatsucher, 115. 6.3 DER STAND UND DAS STANDESGEMÄSSE 321
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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