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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Maß als sonst in Europa habe in Österreich zwischen Adel und „Volk“ eine Wechselwirkung bestanden232, während das Bürgertum nicht genügend „Kultursicherheit“ besessen habe, eine solche aufzubauen.233 Hier schwingt Coudenhove-Kalergis Ansicht mit, dass der Adel aufgrund der meist langen Familientradition reicher an politischen Talenten sei als das Bürgertum und dass sich politische Begabung nur wecken und ausbilden, aber nicht erler- nen lasse234, aber auch Max Webers Bild des idealen, d. h. ethisch aristokra- tisierten Politikers hat hier sein Fundament.235 Für Ernst Karl Winter war der „geburtsadlige Mensch“ wegen seiner „Instinktsicherheit“ ein idealer Ge- stalter der Politik.236 Max Freiherr von Hussarek würdigte den Adel als Ga- ranten gesunder konservativer Politik; die von Maria Theresia in die Wege geleitete Politik der Zurückdrängung dieses Stands bedauerte er: Durch die Schaffung einer einflusslosen Noblesse de Robe in der Zeit des Absolutismus sei der vormals „demokratische Grundcharakter“ der Monarchie allmählich abhanden gekommen.237 Ganz von adligem Bewusstsein durchdrungen ist der 1936 erschienene Roman Die unsterbliche Stadt von Josef von Löwen- thal.238 Besorgt äußerte sich hingegen Anton Orel: Einst „ideell einer der wich- tigsten, unentbehrlichsten Stände“, sei der alte Adel nunmehr „weithin entartet, nicht mehr fähig, seine einstige Aufgabe wieder aufzunehmen“.239 Alfred Johannes Graf Rességuier de Miremont stellte mit Bedauern fest, dass sich manche Adlige, bei denen die Gesetze der Ritterlichkeit in Ver- gessenheit geraten seien, als ihres Titels nicht würdig erwiesen. Dem Geld-, Besitz- und „Sportadel“240 seien Standesgeist und Gemeinsinn und das Be- wusstsein, dass wahrer Adel nicht auf Rechten, sondern auf Pflichten be- ruhe, abhanden gekommen; es gäbe, so im Einklang mit den auch im Deut- schen Adelsblatt, der führenden Adelszeitschrift der Zeit um 1900241, zu Wort gekommenen kritischen Stimmen242, untrügliche Zeichen von Dekadenz. Er rief daher die katholischen Edelleute zu einer zeitgemäßen Adaptierung des Adelsbegriffs auf: „Geistes- und Charakteradel“ könne auch Menschen ohne 232 v. andrian, Oesterreich, 337. 233 v. andrian, Oesterreich, 393; vgl. Prutsch/ZeyrinGer, Leopold von Andrian, 496. 234 coudenhove-KalerGi, Adel, 46. 235 GuseJnova, Adel, 252 f. 236 heinZ, E. K. Winter, 306. 237 NR 7. 11. 1920 (M. v. hussareK). 238 hoffmann, Ständische Ordnung, 161–165. 239 orel, Ständeordnung, 42; vgl. auch Prutsch/ZeyrinGer, Leopold von Andrian, 486. 240 Vgl. steKl, Österreichs Adel, 108. 241 seeliG, Die „soziale Aristokratie“, 149. 242 seeliG, Die „soziale Aristokratie“, 158. 6.4 ADEL IN DER BEWÄHRUNG 325
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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