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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Überzeugung: „Das Ziel allen Wirtschaftens ist der Mensch.“432 Hier leben barocke Vorstellungen von Lebensqualität weiter.433 Bauerntum in Krise Johann Blöchl zitierte in seinen Lebenserinnerungen voll Wohlwollen einen seiner einstigen Lehrer, der erklärt hatte, es sei ein Irrtum zu glauben, wer leicht lerne, solle nicht Bauer werden.434 Was er ansprach, war der zeittypi- sche Trend zur Abwanderung vom Land, den Gertrud Spinnhirn mit Sorge verfolgte; dieses Problem sei nicht anders lösbar als durch „die grundsätzli- che Abkehr von jenem Geist des Individualismus und Rationalismus“, die die ständische Ordnung bringen würde.435 Aber auch später von liberaler Seite vorgebrachte Einwände gegen die Landflucht waren im Grunde konservativ: Wilhelm Röpke nannte die Landwirtschaft das „Erdgeschoss“ der Wirtschaft und gab zu bedenken, es dürfe nicht mehr Städter geben als ihre Überschüsse hervorbringen.436 Rudolf Henz setzte sich mit derlei Gedanken literarisch auseinander. Thema seines Dramas Die Heimkehr des Erstgeborenen (1933) ist eine tiefe Krise des Bauerntums. Der in die Stadt gezogene Karl kehrt eines Tages überraschend auf den elterlichen Weinhof zurück und tötet im Streit seinen jüngeren Bruder, der sich selbst als den künftigen Bauern sieht. Tatmotiv ist die Kritik an einem Bauerntum, das sich von seinen Ursprüngen und seinem Wesen entfernt habe. Karl: „Ich hab mir halt nur das Haus vorgestellt, aber nicht die Leut darin.“437 Die ausführlichen Regieanweisungen beginnen so: „In der geräumigen Bauernstube wohnen alte und neue Zeit unangenehm neben- einander. […] Vor dem Hause stehen schön der Reihe nach die Familienmit- glieder und Dienstboten. In der Mitte der Stube hängt sinnlos eine elektrische Glasperlenlampe.“438 Karl erläutert, er habe ursprünglich nicht Bauer werden wollen, um nicht in den Kreislauf der Natur eingebunden zu sein, den er als Freiheitsberaubung empfunden habe; heute wisse er: „Es gibt kein Aufbegeh- ren mehr und wenn es noch so lockt, es gibt kein Herrschen mehr und wenn wir noch so groß tun, es gibt nur Dienen, Dienen, Dienen, dem Boden und dem Wind und dem Hagel, dem Blühen und dem Unkraut, dem Wachsen und 432 dollfuss an österreich, 142. 433 hersche, Gelassenheit, passim. 434 blöchl, Lebenserinnerungen, 16 f. 435 sPinnhirn, Agrarpolitik, 43 f. und 61. 436 habermann, Das Maß, 41 f. 437 henZ, Die Heimkehr, 42. 438 henZ, Die Heimkehr, 6. 6. STANDESBEWUSSTSEIN342
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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