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ren sah er die Aufgabe der Frau in der Gestaltung eines behaglichen Heims,
in dem der Mann Kraft schöpfen könne, eine Form indirekter Unterstützung
seiner Arbeit also.678 Franz Martin Schindler betonte die Gleichheit der in
ehelicher Gemeinschaft Verbundenen und merkte ausdrücklich an, dass die
Frau weder Sklavin noch Objekt des Mannes sei.679
Friedrich Funder war ein solches Refugium auch für sich selbst zu erhal-
ten bestrebt, u. a. indem er Beruf und Privatleben nach Möglichkeit zu tren-
nen versuchte. 1917, drei Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau, heiratete
er deren Kusine, die Mutter des 1918 geborenen Sohnes Wolfgang.680 Er hielt
seiner ersten Frau sehr zugute, dass sie ihn auf allen Schwierigkeiten sei-
nes Lebens begleitet habe681, aber er wollte auch seinen „Hausstand wieder
aufrichten. Die drei hausfrauenlosen Jahre waren trübselig gewesen“.682 Für
Josef Bick stellte das harmonische Familienleben, dessen er sich erfreuen
durfte, einen Kraft spendenden Ausgleich zu den Lasten des Berufs dar.683
Richard Schmitz hatte eine Frau, die für seine politische Tätigkeit viel Ver-
ständnis zeigte und durch ihr öffentliches Auftreten das offizielle Frauenbild
festigte.684 Alois Schönburg-Hartenstein lobte seine Gemahlin dafür, dass sie
ihm „gesellschaftlich geholfen“ und ihm nach langer Tagesarbeit behagliche
Abende verschafft habe.685 Für Kurt Schuschnigg war die Möglichkeit, an
den Wochenenden in Innsbruck bei seiner Gemahlin Geborgenheit zu finden,
ein unvergessliches Glück: „Es ist etwas unbeschreiblich Rührendes um die
anhängliche Liebe einer Frau.“686 Selbst Clemens Holzmeister beschrieb sein
Familienleben als glücklich – trotz Scheidung der ersten Ehe, die er seinem
unsteten Leben zuschrieb, und Wiedervermählung.687 Er blieb der Mutter
seiner beiden älteren Kinder zeit seines Lebens in Respekt verbunden, be-
zeichnete aber auch die Kinder seiner Tochter aus zweiter Ehe als ein „wun-
derschöne(s) Glück“.688
678 Lk 14, 20; Gen 2,18; Ekkl 4, 9 ff.; thir, Frauengestalten 2, 33–36.
679 schindler, Lehrbuch III, 760; diese Auffassung war in der Moraltheologie des 19. Jahrhun-
derts Gemeingut; Kustatscher, Haus und Familie, 175; vgl. JuffinGer, Politischer Katholi-
zismus, 73–76.
680 Pfarrhofer, Friedrich Funder, 20.
681 funder, Vom Gestern, 404.
682 funder, Vom Gestern, 420.
683 GreGor, Josef Bick, 42 f. Ähnlich die Äußerungen von Josef Eberle; hofer, Joseph Eberle,
90.
684 braun, Der politische Lebensweg, 95; bandhauer-schöffmann, Mutteropfer, 65–67.
685 holub, Fürst Alois Schönburg-Hartenstein, 136.
686 binder/H. schuschniGG, „Sofort vernichten“, 253.
687 Knofler, Clemens Holzmeister, 17.
688 holZmeister, Architekt, 110.
6.6 DIE FAMILIE 365
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580