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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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veröffentlichten Aufsatz äußert diese Frau ihre Gedanken zur Selbständig- keit und zur „wichtigen“ Zukunft der modernen Frau. Der Mann empfindet Bewunderung, aber zugleich Unbehagen, weil sie nicht den Typus der nur anschmiegsamen Frau verkörpert. Ihre (kranke) Mutter, eine Witwe, lässt der Dichter sagen: „Was etwa an alten Idealen verloren geht, die ohnehin meist nur in den Augen der Männer bestanden, wird reichlich aufgewogen durch das, was wir Großes und Schönes erreichen werden.“772 Diese Stimme verlieh der Dichter einer Frau, die ihrer Zeit voraus war, denn in den dreißiger Jahren waren die meisten Frauen politisch desin- teressiert. Im Mittelpunkt des Lebens standen die Familie, die Angst vor dem Nationalsozialismus, die Gräuel des Bürgerkriegs.773 Für alle war eine strenge Rollenaufteilung in den Familien selbstverständlich.774 So wird nachvollziehbar, warum selbst die Sozialdemokraten, die ja in ihren Partei- programmen das Recht der Frau auf Arbeit forderten, dieses in der Praxis kaum geltend machten.775 1930 erklärten in Arbeiterkreisen 95 Prozent der verheirateten Frauen, sie würden zu Hause bleiben, wenn das Einkommen des Mannes dies erlaubte, ja sie wünschten sich, immer bei den Kindern sein zu dürfen.776 Ein Ansatz, der das Attribut „feministisch“ beanspruchen könnte, findet sich bei Margarete Rada, die ihre bereits erwähnte sozialpädagogische Stu- die über Proletariermädchen mit der Bemerkung einleitete, dass bisherige Untersuchungen nur der männlichen Jugend gegolten hätten.777 Eine weitere die rigiden Muster der Männergesellschaft sprengende, al- lerdings konservative Akademikerin war Maria Maresch, die 1919 als erste Frau den Rang eines Sektionsrats im Unterrichtsministerium erlangte. Für die Verfasserin einer Monographie über Katharina von Siena (als Disserta- tion) stellte das Verhältnis der Geschlechter kein Problem dar. Sie beschrieb es mit den Worten Gottes an die Heilige: „Vor mir gibt es nicht Mann noch Weib, weil ich der Allmächtige bin!“ Katharina erschien ihr durch ihren Ein- satz für die Gerechtigkeit und gegen die Gewalt als Vorbild für alle Frauen geeignet. Als deren kennzeichnende Merkmale nannte Maresch „Hingabe“ und „Dienst für die Gesamtheit“. Durch Einsatz für eine „schöpferische Be- rufspolitik“ könnten die Frauen viel zur Überwindung der Arbeitslosigkeit beitragen – allerdings nicht durch Verzicht auf Berufstätigkeit, zumal in 772 GinZKey, Jakobus, 167 f. 773 Kirchmayr, Frauenpolitik, 63–74. 774 Kirchmayr, Frauenpolitik, 92–99. 775 ratZenböcK, Mutterliebe, 30. 776 ratZenböcK, Mutterliebe, 47. 777 rada, Proletariermädchen, 1. 6. STANDESBEWUSSTSEIN374
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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