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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Standpunkt implizit vorweg, was mittlerweile – auch im Licht einer weit gediehenen regionalgeschichtlichen Forschung – als erwiesen gilt, nämlich dass Konzepte wie Heimat, Vaterland, Nation häufig einander überlagern und dass die Geschichtlichkeit dieser Konstrukte nicht in jeder Situation gleich klar hervortritt.864 Kurt Schuschnigg zollte Seipels Thesen größten Respekt.865 Einen ähnlichen Gedanken hatte lange vor Seipel der ungarische Reform- politiker Joseph Eötvös866 dargelegt, der einen institutionalisierten Natio- nalitätenschutz ablehnte, weil er das Prinzip der Gleichberechtigung der Individuen gefährde.867 Wilhelm von Humboldt hatte betont, Staat und Na- tion seien nicht aufeinander angewiesen, denn Nation bilde sich im freien Zusammenwirken der Individuen.868 Im Umfeld Othmar Spanns war die Na- tion etwas sittlich Verankertes: Walter Adolf Jöhr zog begrifflich allerdings „Gemeinwesen“ vor, weil dies auch für ältere Epochen Gültigkeit habe; der „Staat“ diene lediglich als zentrale Machtorganisation.869 Von den Mandataren war Guido Zernatto jener, der sich am ausführlichs- ten mit dem Begriff „Nation“ befasste. Der vor den Nationalsozialisten aus Österreich geflohene Kärntner Dichter hatte unmittelbar erlebt, was maß- los übersteigerter Nationalismus bedeutet: In den USA, wo er in den frü- hen vierziger Jahren einer unabhängigen Gruppe österreichischer Exilan- ten angehörte870, verarbeitete er daher seine eigene Erfahrung, als er dem Thema eine monographische Darstellung widmete, die nach seinem Tod aus dem Nachlass veröffentlicht wurde.871 Er verfasste sie in der Überzeugung, das Wesen der Nation zu erkennen, sei ein zentraler Beitrag „zur Rettung unserer Welt“.872 Seine Abhandlung ist eine gelungene Synthese aus wis- senschaftlicher Schärfe und philosophischer Tiefe, die es verdient, in ihren Grundzügen referiert zu werden. Breiten Raum widmete Zernatto der Geschichte des Begriffs: Der ur- sprüngliche Wortsinn habe etwas leicht Abschätziges gehabt, nämlich eine Gruppe von Menschen gemeiner Abkunft, die durch ähnliche Umstände ih- 864 Petri, Heimat, 207–209. 865 K. schuschniGG, Dreimal, 80; vgl. auch MSchKP 1, 973 f. (A. novotny). 866 Zu ihm body, Joseph Eötvös, passim. 867 DöMők, Nationalitätenfrage, 126; hoor, Wandlungen, 441; G. stourZh, Probleme des Nati- onalitätenrechts, 130–133. 868 Potočnik, Bewusstsein, 19. 869 StL 1937, 142 (W. A. Jöhr). 870 ePPel, Österreicher 2, 13, 18, 83 f., 192, 247, 252 f., 255, 257, 263, 280, 283, 297 f., 325, 334, 357, 385, 399 f., 407, 413, 424, 439, 446 f., 449, 499 und 574. 871 in der maur, Einleitung, 11; zu weiteren geplanten Arbeiten ePPel, Österreicher 1, 370 f. 872 Zernatto, Vom Wesen, 72; vgl. Potočnik, Bewusstsein, 308. 6. STANDESBEWUSSTSEIN384
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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