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Österreichs Bestimmung sei die katholische Kulturmission im Osten.1240
1936 akzentuierte der Diplomat auch den Gegensatz zwischen Österreich
und Preußen.1241
Das übernationale Völkerreich
In manchen Kreisen ging man noch weiter als bis zur Idee des besseren
Deutschen. Im Folgenden gilt das Interesse jenen Positionen, welche die kul-
turelle Tradition Österreichs als Grundlage für die zu schaffende eigenstän-
dige, gleichsam nur österreichische Nation deuteten und denen die aktuelle
Ausformung des österreichischen Nationalbewusstseins zu schwach war.
Österreich wurde in diesen Kreisen als übernationaler Gemeinschaftsbegriff
gehandelt.1242 Als wichtige Kommunikatoren dieses Gedankens sind Medien
wie der CS, Karl Lugmayers die pause und Johannes Messners MSchKP zu
nennen; auch die Publikationen der Ostmärkischen Sturmscharen standen
in diesem Zeichen.1243
Der Autor, der sich der Thematik am gründlichsten annahm, ist Hans
Karl Zeßner-Spitzenberg. Er setzte den Akzent weder auf die Wiederbele-
bung des Heiligen Römischen Reichs noch darauf, die Gemeinschaft Öster-
reichs mit dem gesamten deutschen Volk zu betonen1244, sondern richtete
sein Interesse auf die Habsburgermonarchie: Nur in ihr, so seine Überzeu-
gung, sei die österreichische Idee verwirklichbar. Von daher rührt auch sein
Engagement in der Österreichischen Aktion, die eine geradezu antideutsche
Richtung einschlug.1245
Zeßner-Spitzenberg hatte sich schon als Gymnasiast in Prag im Kreis
deutschnationaler, weltanschaulich im Umfeld Georg von Schönerers1246 an-
gesiedelter Mitschüler sehr unwohl gefühlt.1247 Im Juliabkommen von 1936
sah er die „Anerkennung der inneren Unvereinbarkeit der nationalsozialis-
1240 ADÖ 8/1276; verzerrend ist die Rede von faktischer Diskriminierung der Slawen im Stän-
destaat; mittelmeier, Austrofaschismus, 111.
1241 binder, Von 1918, 22 f.
1242 fellner, Was heißt, 213; heiss, Im „Reich der Unbegreiflichkeiten“, 458; Potočnik, Be-
wusstsein, 163; wodaK, Zur diskursiven Konstruktion, 114 f. und 130.
1243 Potočnik, Bewusstsein, 164–167.
1244 fellner, Historiographie, 54; suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 30; wohnout,
Hans Karl Zeßner-Spitzenberg, 7.
1245 Karoshi, Die Erinnerung, 101; Potočnik, Bewusstsein, 38; thaler, Legitimismus, 78.
1246 Eine differenzierte Beschreibung de deutschnationalen Partei bietet Potočnik, Bewusst-
sein, 77–80.
1247 waltersKirchen, Blaues Blut, 70; wohnout, Hans Karl Zeßner-Spitzenberg, 6.
6.
STANDESBEWUSSTSEIN422
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Titel
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Untertitel
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Autor
- Erika Kustatscher
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien - Köln - Weimar
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Abmessungen
- 17.4 x 24.6 cm
- Seiten
- 682
- Schlagwörter
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580