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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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demikern und Wissenschaftern intensiv war.1255 Franz Brandl fand, auf die Habsburgermonarchie zurückblickend, ein „anationales“ und „interkonfes- sionelles“ Denken, das er – nach 1945, als er die deutschnationalen Neigun- gen früherer Jahre abgelegt hatte – zu seinem Ideal erhoben hatte, bei den deutschen Österreichern in höherem Grad verwirklicht als bei anderen Na- tionen: Deren „Humanismus“ habe jeglichen Nationalismus entbehrlich ge- macht.1256 Sinnbild dafür war ihm die Stadt Wien, wo im späten 19. Jahrhundert ein Assimilationsprozess vor sich gegangen sei: Hier hätten „die besten Ele- mente“ aller Nationen einander getroffen und einen Großstadtmenschen hervorgebracht, von dem „ein Fluidum hinaus in die Länder und hinweg über ihre Kirchturmhaftigkeit“ gegangen sei. „Aus der Verbindung des Deutschen mit dem Andersnationalen seines Kulturgebietes auf dem Wie- ner Boden entspross auch jene Klasse duldsamer Menschen, die unter Hoch- haltung der deutschen Kultur den nationalen Extremismus ablehnten, ohne aber dem orientalischen Phantom der Völkerverbrüderung nachzujagen.“1257 Franz Karl Ginzkey hielt es für möglich, in Wien verschiedenste Völker „zu einem kleinen europäischen Konzert zusammenzustimmen, in welchem allerdings, und hierin lag das Wesentliche, nach deutsch-österreichischem Taktmaß dirigiert wurde“.1258 Er lobte an dieser Stadt „das Transportfähige ihrer Zivilisation bis an die äußersten Enden des Reiches“.1259 Das alte Ös- terreich sei ein Paneuropa gewesen, als dessen Offizier er im gemeinsamen Dienst mit Menschen aus zwölf Nationen zu verstehen, auszugleichen und zu vermitteln gelernt habe: „Man erzog uns dazu, ein Deutscher zu sein und trotzdem so vielen Meinungen, als Leute um uns waren, Gerechtigkeit wi- derfahren zu lassen.“1260 Johannes Messner charakterisierte 1927 die Stadt Wien als eine, die nicht Internationalismus kennzeichne, was auf Entwurze- lung deuten würde, sondern Europäertum, eine positive Idee.1261 Als besonders wichtigen identitätsstiftenden Faktor betrachtete man die Vergangenheit, die weiter zurückliegende in höherem Maß als die jünge- re.1262 Ernst Karl Winter beschwor ein keltisches Regnum Noricum in An- 1255 brucKmüller, Nation Österreich, 293–295. 1256 brandl, Ein Reich, 531; vgl. noser, Die historische Tragik, 219. 1257 brandl, Kaiser, 35 f. 1258 GinZKey, Heimatsucher, 153. 1259 GinZKey, Heimatsucher, 135. 1260 SZ 7. 9. 1930 (F. K. GinZKey). 1261 NR 26. 11. 1927 (J. messner). 1262 Karoshi, Die Erinnerung, 16; mommsen, Theorie, 184; Potočnik, Bewusstsein, 31; simon, Demokratische Gesinnung, 71; suPPanZ, Geschichtsbilder, 61 f.; wodaK, Zur diskursiven Konstruktion, 118 6. STANDESBEWUSSTSEIN424
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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