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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Dollfuß forderte: „Man muss stets […] auf dem Posten, auf den man gestellt wird, die Pflicht erfüllen.“80 Er hielt dem Beruf auch die Fähigkeit zugute, den Menschen eine „Verankerung“ zu bieten: Gemeinsame Arbeit binde mehr als jedes Parteiprogramm.81 Für Hans Karl Zeßner-Spitzenberg war wich- tig, dass der Beruf nicht nur zum Lebensunterhalt – Anton Orel sprach vom „standesgemäßen Lebensunterhalt“82 – diene, sondern den Menschen in sozi- ale Bindungen hineinwachsen und ihn seine Persönlichkeit entfalten lasse.83 Johannes Messner setzte den Akzent auf die Verwandtschaft des Wortes „Beruf“ mit „Berufung“: Damit meinte er die „vom Einzelmenschen als per- sönliche Lebensaufgabe“ zu erbringende, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Leistung.84 Friedrich von Weichs hielt die „schaffen- den Stände“ für „berufen“, durch ihre Tätigkeit die Bedürfnisse der Familie als der ersten ständischen Grundlage zu befriedigen.85 Felix Klezl führte als Beispiele den „Frauenberuf“ und den „Lehrberuf“ an, allerdings wissend, dass Berufung im ethischen Sinn nur eine von meh- reren Bedeutungen sei, die der Begriff habe. In Hinblick auf die Gegenwart (sc. 1934, E. K.), die am Ende einer Zeit der von ihm als „Verarmung“ be- zeichneten Metamorphose des Begriffs „Beruf“ von Berufung zu bloßer Be- tätigung stehe, sprach er auch von „Beschäftigung“ und von Aspekten wie Erwerb oder Prestige86; die Auffassung, Beruf sei nur Berufung und kenne kein persönliches Gewinnstreben, sei längst überholt.87 Im selben Jahr, als der Wiener Professor diese nüchternen Worte sprach, 1934, entwarf der Gewerkschafter Johann Staud ein von Pathos diktiertes Bild: Berufung bedeute nicht Arbeit in fremdem Auftrag oder Geldverdie- nen, sondern folge einer inneren Stimme.88 Den deutschen Theologen August Pieper zitierte er mit einem Satz von geradezu kulturphilosophischer Di- mension: „Ein Volk, ein Berufsstand, von dem nicht mehr die ernste Arbeit, die Berufsarbeit als eine Quelle aller Lebenskraft und Gesundheit geehrt und geliebt wird, ist entartet, eilt dem unerbittlichen Verfalle zu.“ Und er resümierte: „So bauen wir die Berufsfrage in die letzten tiefsten Zusammen- hänge unseres Daseins ein.“89 80 adam, Staatsprogramm, 102. 81 dollfuss an österreich, 193 f. 82 orel, Ständeordnung, 13 f. 83 K. P. Zeßner-sPitZenberG, Hans Karl, 52 f. 84 messner, Ordnung, 9 f.; vgl. JuffinGer, Politischer Katholizismus, 55; PytliK, Berufsständi- sche Ordnung, 71; simonett, Die berufsständische Ordnung, 88 f. 85 v. weichs, Der Weg, 14. 86 KleZl, Beruf, 22–31. 87 KleZl, Beruf, 8. 88 staud, Berufsauffassung, 3. 89 staud, Berufsauffassung, 15. 7.4 ASPEKTE DER BERUFSSTÄNDISCHEN ORDNUNG 443
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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