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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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lich seien: Diese Menschen erzeugten immaterielle Güter höherer Ordnung, könnten nicht nach einer Schablone arbeiten und hätten, eher von Pflichtbe- wusstsein und Ehrgeiz als vom Drang des Verdienens geleitet, höchste ethi- sche Anforderungen. Auch die Bezeichnung sei problematisch, denn die Ver- treter dieser Berufe seien an Regeln gebunden, sogar an besonders strenge, so dass sie, wiewohl von Weisungen übergeordneter Stellen unabhängig, nicht als „frei“ bezeichnet werden könnten. Der Grundsatz der Selbständig- keit dürfe nicht das entscheidende Kriterium sein, wie sich beispielsweise bei Krankenhausärzten oder Universitätsprofessoren zeige. Da sie zum Ge- meinwohl einen überdurchschnittlichen Beitrag leisteten, sollten sie auch bei nicht erfolgter ständischer Organisation in großer Zahl in die vorbera- tenden Organe berufen werden.369 Es gab also trotz aller organizistischen Bekenntnisse faktisch einen ständischen Rangordnungsindex.370 Otto Ender unterschied innerhalb der Freien Berufe die „wirtschaftlichen“ von den „kulturellen“ (auch: „geistigen“) Ständen; für Letztere hätte er aller- dings den Begriff „Gemeinschaften“ vorgezogen.371 Georg Froehlich erklärte in seinem Kommentar der Maiverfassung, das Staatsvolk sei „nach Kultur- gemeinschaften und Berufsständen“ organisiert.372 Ziel der begrifflichen Un- terscheidung war es, Bereiche, in denen die weltanschaulichen Gegensätze am stärksten hervorträten, von der Wirtschaft fernzuhalten.373 Nachdrück- lich warnte Ender schon 1933 davor, mit dem Aufbau dieses Berufsstands beliebig lange zuzuwarten, denn es sei zu befürchten, dass manche Grup- pen, die zu ihm gehören, die Aufnahme in die wirtschaftlichen Stände for- derten.374 Odo Neustädter-Stürmer hielt dem entgegen, dass jeder Mensch sowohl wirtschaftliche als auch kulturelle Interessen habe.375 Ein Beispiel ständischer Organisation im Stand der Freien Berufe ist die 1936 gegründete Pressekammer.376 Dagegen scheiterten Versuche der Grün- dung einer Künstlerkammer.377 Für eine Schrifttumskammer setzte sich insbesondere Rudolf Henz ein. Im November 1936 fand auf Initiative Guido Zernattos das erste österreichische Dichtertreffen statt, bei dem davon die 369 MSchKP 2, 793–804 (H. foGlar-deinhardstein). 370 Vgl. schwinn, Ständische Verhältnisse, 92 f. 371 wohnout, Verfassungstheorie, 246. 372 froehlich, Die Verfassung 1934, 37. 373 PMR VIII/5, Prot. 919/3 (1. 2. 1934), 511. 374 PMR VIII/5, Prot. 912/2 (21. 12. 1933), 281. 375 neustädter-stürmer, Gesetzgebung, 6. 376 Golowitsch, Der berufsständische Aufbau, 49. 377 PMR VIII/5, Prot. 911/11 (15. 12. 1933), 228; S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 164; Pfo- ser/renner, Ein Toter, 342. 7. DIE BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG470
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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