Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Seite - 474 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 474 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Bild der Seite - 474 -

Bild der Seite - 474 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text der Seite - 474 -

ger“.404 Den Landtagsabgeordneten Hans Gamper würdigte er als einen Po- litiker, der ins traditionell schwierige Verhältnis zwischen Arbeitern und Akademikern Entspannung gebracht habe. Dem Bauernbund gebühre An- erkennung für seine Bemühungen um gesellschaftliche Zusammenarbeit.405 Für Richard Kerschagl waren Kammern, Genossenschaften u. Ä. hingegen Einrichtungen, die ständische Elemente „in den Hintergrund“ drängten.406 Das Faktum, dass gerade der Gewerkschaftsbund einen raschen Fortschritt des ständischen Aufbaus nicht wünschte407, bestätigt die Richtigkeit seiner Einschätzung. Jenseits der Sichtweisen der mitgestaltenden Zeitgenossen darf nicht übersehen werden, dass das unentwegte Propagieren des Berufsständi- schen eine Vermehrung von Organisationen zur Wahrung von Interessen brachte, vor allem auf den unteren Ebenen. Dies führte zu der paradoxen Erscheinung, dass Partikularinteressen letztlich entschiedener vertreten wurden als in der Zeit der parlamentarischen Demokratie.408 Daher ist die 1937 in der MSchKP vorgebrachte Kritik an einer vermeintlichen „ständi- schen Überbürokratie“ nachvollziehbar: Die berufsständische Ordnung habe nicht, wie erwartet, zu einer Vereinfachung der Abläufe, sondern zum Auf- bau komplexer Apparate geführt.409 Somit kam eine der berufsständischen Idee in der Theorie fernstehende etatistische Komponente in der Praxis ve- hement zum Tragen.410 Dies konnte selbst Ludwig Adamovich, einer der Väter der Maiverfas- sung, nicht leugnen, obwohl er den ständischen Aufbau grundsätzlich be- fürwortete. 1938, kurz vor dem Ende des selbständigen Österreich, glaubte er für das Scheitern des berufsständischen Aufbaus außer administrativen Hürden und der noch nicht erfolgten Verankerung der ständischen Idee im Denken und Fühlen aller Beteiligten auch „das Mitreden aller“ angeben zu dürfen: Dadurch werde alles verkompliziert und das Subsidiaritätsprinzip außer Kraft gesetzt.411 Eher persönliche Genugtuung als echte Identifikation mit dem berufs- ständischen Gedanken spricht aus Johann Blöchls aus späterer Rückschau 404 Kolb, Dr. Hans Gamper, 118. 405 fritZ, Farben tragen, 170; Kolb, Dr. Hans Gamper, 116 f. 406 KerschaGl, Die Quadragesimo anno, 8; zu der in den verschiedenen Interessenorganisatio- nen bestehenden Diskrepanz zwischen Norm und Realität vgl. tálos/manoscheK, Aspekte, 139–142. 407 GoldinGer/binder, Geschichte, 279. 408 Pasteur, Kruckenkreuz, 99. 409 MSchKP 2, 264 und 352–354. 410 mommsen, Theorie, 182. 411 MSchKP 3, 5–14 (L. adamovich). 7. DIE BERUFSSTÄNDISCHE ORDNUNG474
zurück zum  Buch „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?