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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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rat davon die Rede, dass eine Person als Inhaber mehrerer Betriebe mehreren Berufsständen angehören könne.459 Friedrich von Weichs war sich im Klaren, dass es bei der Einordnung der einzelnen Berufe in die Berufsstände zu Über- schneidungen kommen könne, weil viele Berufe verschiedenen Bedürfnissen dienten bzw. manche Bedürfnisse von verschiedenen Berufen her bedient würden.460 Außerdem, gab er zu bedenken, bestehe der größere Teil der Gesell- schaft aus Menschen, „die weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer sind“.461 Otto Ender bezog daher auch eine Gruppe in seine Überlegungen ein, an welcher die zeitgenössischen Überlegungen weitgehend vorübergingen, nämlich nicht berufstätige Familienangehörige.462 Odo Neustädter-Stürmer wollte Familien- mitglieder, Veteranen und Invaliden als „Berufszugehörige“ bezeichnen.463 Einen von anderen Theoretikern nicht gesehenen Aspekt sprach Felix Klezl an, nämlich dass die moderne Wirtschaft in ein- und demselben Be- trieb in der Regel mehrere Berufe vereine.464 Als weitere Folge der Erweite- rung des modernen Wirtschaftssystems gegenüber dem vorkapitalistischen nannte er den Umstand, dass nicht wenige Berufe sowohl in abhängiger als auch in unabhängiger Stellung ausgeübt werden könnten, und in der Indus- trie sei zwischen gelernten und ungelernten Arbeitern zu unterscheiden. Zu- mal bei den freien Berufen zähle nicht die gemeinsame Arbeit an gleicharti- gen Objekten, sondern die Form des Verdienstes: Ein Honorar zu empfangen sei nicht dasselbe wie ein Gehalt oder einen Lohn zu beziehen. Andererseits könne, beispielsweise bei Ärzten, die Verschiedenartigkeit der sozialen Stel- lung die Gleichartigkeit des Berufsinhalts nicht aufheben.465 Die Stellung des Einzelnen im jeweiligen Beruf war für Klezl ein zentraler Faktor, defi- niert durch das Kriterium des wirtschaftlichen Wohlstands und das damit verbundene soziale Konnubium.466 In den eben referierten Äußerungen klingt das Bewusstsein von der Kom- plexität des modernen Lebens an, mit der sich die ständische Totalität älterer konservativer Theorien kaum vereinbaren ließ.467 Die Bedenken bezogen sich auf eine abstrakte Ständeeinteilung, die Kategorien scharf voneinander ab- grenzte und mit wechselseitigen Überlagerungen derselben nicht rechnete, somit der Buntheit des Lebens, dem, was sich einfacher Klassifizierung ent- 459 PMR IX/3, Prot. 999/4 (7. 6. 1935), 35. 460 v. weichs, Der Weg, 19. 461 v. weichs, Der Weg, 11; vgl. schambecK, Kammerorganisation, 456. 462 CS 4. 11. 1934 (O. ender). 463 neustädter-stürmer, Gesetzgebung, 49. 464 KleZl, Beruf, 54 f. 465 KleZl, Beruf, 71–74. 466 KleZl, Beruf, 78. 467 beyer, Ständeideologien, 61–63. 7.6 STÄNDE JENSEITS DER BERUFE 481
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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