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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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später erläuterte er in einem Leitartikel in der Reichspost, jedes Gemeinwe- sen brauche eine Autorität, die das Ganze repräsentiere und stark genug sei, „die Vielheit geistiger und materieller Interessen zum Ganzen zu formen“.170 Dollfuß war in seinem Denken und Handeln von den in seinen Augen segensreichen Erfahrungen geleitet, die er in seinem persönlichen Werde- gang mit der Autorität gemacht hatte.171 Bäuerlicher Autokrat, der er war, glaubte er an ein Regierungssystem nach agrarischem Muster mit einer starken technokratisch-politischen Elite, der das Wohl des Volks zwar wich- tig war, die sich aber das Recht vorbehielt, dessen Wünsche als unverbind- lich zu betrachten.172 Dabei kam ihm die noch im frühen 20. Jahrhundert in Österreich bestehende Struktur vieler, vor allem ländlicher Gemeindever- waltungen zugute, in der es eine Art Klientelsystem und einen betont elitä- ren Aufbau gab173, außerdem die bäuerliche Mentalität, die Pflichten stärker betonte als Rechte.174 Als Minister und als Bundeskanzler traf er die meisten Entscheidungen ohne Rücksicht auf andere Meinungen175, unterstützt von einer Exekutive mit weitreichenden Handlungsspielräumen.176 Kurt Schuschnigg ortete „die Legitimation für die autoritäre Führung […] in der Sorge für das allgemeine Wohl“.177 Die Zentralverwaltung habe zwar „niemals die [Funktion] einer diktatorischen Entscheidung“178, brauche aber die Möglichkeit, durch Ausübung eines Weisungsrechts die Einhaltung des Regierungskurses zu sichern.179 Gegen die konstitutionellen Bemühungen des 19. Jahrhunderts hatte Schuschnigg Vorbehalte.180 Anton Klotz stellte sich in die aristotelische Tradition, die Autorität auf die natürliche Vernunft zurückführte181: In „Fortsetzung von Traditionen uralter Staatsweisheit“ rechne Österreich – anders als die totalitären Regi- mes in anderen Ländern – mit der göttlichen Ordnung; der österreichische Mensch sei seinem Wesen nach konservativ. Schuschniggs Pressedienstlei- ter war ein Bewunderer der angelsächsischen Tradition, in der nicht Volks- vertretung in engem Wortsinn maßgeblich sei, sondern „die Übereinstim- 170 dollfuss an österreich, 52 f.; vgl. auch busshoff, Dollfuß-Regime, 192. 171 JaGschitZ, Dollfuß, 208; miller, Engelbert Dollfuß, 21. 172 hanisch, Dilemma, 107 f.; miller, Engelbert Dollfuß 14 f. und 59. 173 miller, Engelbert Dollfuß, 60 f. 174 miller, Engelbert Dollfuß, 70. 175 miller, Engelbert Dollfuß, 20. 176 miller, Engelbert Dollfuß, 58. 177 Zit. nach märZ, Ständestaat, 7; vgl. auch adam, Staatsprogramm, 59. 178 K. schuschniGG, Im Kampf, 100. 179 PMR VIII/6, Prot. 930 (20.–29. 3. 1934), 194. 180 K. schuschniGG, Österreich, 41. 181 newman, Zerstörung, 254 f. 8. STAAT UND GESELLSCHAFT504
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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