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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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von Seiten weltanschaulich neutraler Historiker. In etwas einseitiger Kon- zentration auf Ereignisgeschichtliches kam die Suche nach den tiefer lie- genden, allgemeineren Denkmustern und den Mentalitäten derer, die die politischen Weichenstellungen vornahmen, zu kurz. Die Rede ist von einer katholisch-konservativen Elite, für die ständisches Denken Teil eines umfas- senden, sehr kohärenten Gedankengebäudes war. Eine neuerliche Analyse und Systematisierung der diversen Ständestaatskonzepte1 schien hingegen nicht geboten zu sein. Ausgangspunkt der Überlegungen war das von vielen Zeitgenossen arti- kulierte Gefühl, durch die Folgen von 1789 habe der Einzelne soziale Bin- dungen verloren und sei allein gelassen worden. Die Überzeugung, er könne und solle dem Staat nicht unmittelbar gegenüberstehen, rief den Wunsch wach, der Gesellschaft wieder eine klare Struktur zu verleihen. So gewann der Gedanke der Bindung eines jeden Menschen an intermediäre Einheiten, eben Stände, neue Attraktivität – selbst um den Preis einer gewissen Rück- wärtsgewandtheit. Von „Stand“ im Allgemeinen zu sprechen ist in diesem Zusammenhang richtiger als von „Berufsstand“, nicht zuletzt weil das eben beschriebene Problem, und zwar schon seit der Jahrhundertwende, auch als Ausdruck der Zwischenstellung der modernen Gesellschaft zwischen einem aristokra- tischen und einem demokratischen Prinzip gesehen wurde.2 Die nach dem Ersten Weltkrieg in die Wege geleitete Renaissance des Ständischen bedeu- tete indes keineswegs die Wiederbelebung der alten Geburts-, Reichs- oder Landstände, man findet aber auch kein Auslangen mit dem, was mit Bezug auf das 19. Jahrhundert als das „Neuständische“ bezeichnet wird. Weniger als Rechts- als vielmehr als Wertbegriff wichtig, wurde „Stand“ damals wie selbstverständlich auch zur Bezeichnung von Altersgruppen, Geschlechtern, Familien etc., eben nach diversen Kriterien gebildeter Gruppen, verwendet, so dass Zeitgenossen auch noch in der Zwischenkriegszeit eine „ständische Atmosphäre“ (A. Kolnai) konstatierten.3 Die Wirkmächtigkeit der von Max Weber so bezeichneten traditionalen Herrschaft war also auch in einem ver- meintlich „rationalen“ Zeitalter nicht außer Kraft zu setzen. Im hiermit beschriebenen Grundmuster klingt ein Wesenszug des ös- terreichischen Ständestaates an, der nicht deutlich genug betont werden kann. Österreich sollte ja zu einem Bollwerk gegen den Nationalsozialismus werden, eine Ideologie, die – gleich dem italienischen Faschismus – tradi- 1 Diesbezüglich dürfte alles Wesentliche gesagt – und von der Weimarer Republik auf Öster- reich übertragbar sein: bohn, Ständestaatskonzepte. 2 seeliG, Die „soziale Aristokratie“, 153. 3 Kolnai, Ideologie, 16. 9. RESÜMEE: STATUS IST ORDO528
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Titel
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Untertitel
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Autor
Erika Kustatscher
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien - Köln - Weimar
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Abmessungen
17.4 x 24.6 cm
Seiten
682
Schlagwörter
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Kategorien
Geschichte Nach 1918

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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