Seite - 36 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
Bild der Seite - 36 -
Text der Seite - 36 -
36 1. Einleitung
zwischen 1750 und 1850 vielmehr Akten des Hofgerichts Stubai, des Landgerichts
Innsbruck, des Landgerichts Stubai, des Landgerichts Matrei, des Landgerichts und
schließlich des Bezirksgerichts Mieders umfassen, wird in der Folge vereinfachend
und der Einteilung des Tiroler Landesarchivs folgend, von der Aktenserie des Land-
gerichts Mieders – „Aktenserie LG Mieders“ – die Rede sein.105
Aufgrund der „in genere schlecht[en]“ Überlieferung der Aktenserien der einzelnen
Unterbehörden wurden diese – und das betrifft wohl nicht nur das Stubaital – bislang
von der Forschung weitgehend vernachlässigt – zu Unrecht, wie sich auf den folgen-
den Seiten zeigen wird. Denn aus dem Schriftverkehr zwischen den Behördenins-
tanzen, der hier hauptsächlich dokumentiert ist, lassen sich nicht nur Schlüsse über
deren Arbeitsweise ziehen, aus den hier behandelten Angelegenheiten ergeben sich
Einsichten in eine historische Gesellschaft Tirols, die eine weitere Ausdifferenzierung
jenes Bildes ermöglichen, das bisher von ihr gezeichnet wurde.106 Eine umfassende
Aufarbeitung dieser Quellen wäre ein zwar mühsames, jedoch auch lohnens- und
aus Sicht der historischen Forschung zur Tiroler Landesgeschichte wünschenswertes
Unterfangen.
1.3.4. Materialiensammlung Rapp
Ebenfalls im Depot des Tiroler Landesarchivs findet sich der Nachlass von Joseph
Rapp. Dieser begann – das wird noch ausführlicher thematisiert werden – in den
1830er-Jahren mit Recherchen für eine historische Aufbereitung des Tiroler Aufstan-
des von 1809. Er bediente sich dazu einer Methode, die sich wohl am treffendsten
als eine Form von „Oral History“ bezeichnen lässt. Akteure des Aufstandes 1809
ersuchte er, ihm Unterlagen, die als Quellen zu den Ereignissen des Erhebungsjahres
dienlich sein konnten, zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollten die Zeitzeugen
ihre Erlebnisse zu Papier bringen und ihm ihre Berichte überlassen.107 Diesem Aufruf
Rapps folgte unter anderen auch Michael Pfurtscheller. Seine Erzählungen zum Jahr
105 Da das Stubaital in den Jahren 1817 bis 1826 zum Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Matrei
gehörte, wurde diese „Durchsuchung“ auch auf die sechs Faszikel der Aktenserie des Landgerichts
Matrei ausgeweitet. (Vgl. TLA, Aktenserie LG Matrei, Fasz. 1–6.) Für die Jahre 1806 bis 1810, in
denen das Stubaital zum Landgerichtssprengel Innsbruck gehörte, unterblieb indes eine Untersu-
chung der Aktenserie des Landgerichts Innsbruck, da in diesen Jahren ein „exponierter Aktuar“ mit
Sitz in Schönberg für die Stubaier Belange zuständig war, dessen Akten später wohl zumindest zum
Teil in die Aktenserie des Landgerichts Mieders übernommen wurden. (Vgl. Beimrohr, Brief und
Siegel, 1994, S. 168.)
106 Das betrifft auch keineswegs „nur“ Lokal- und Dorfgeschichte, wie sich vor allem in Kap. 3.5. an-
hand der in den Gerichtsakten vorfindigen Quellen zum Revolutionsjahr 1848 zeigt.
107 Vgl. Schennach, Revolte, 2009, S. 29 f.
Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435