Seite - 408 - in Ein Bürger unter Bauern? - Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
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408 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft
chael Pfurtscheller wäre vielen Produzenten und deren Familien wohl keine andere
Alternative geblieben als die Auswanderung, wie von Joseph von Stolz schon 1807 als
zu erwartende zukünftige Entwicklung befürchtet.175
6.3.4.3. Exkurs: Michael Pfurtscheller gegen Anna Maria Heilig, verwitwete Schmid
Wie resolut Geschäftsmann Michael Pfurtscheller offenbar mitunter bereit war vor-
zugehen, wenn es ihm um die Einbringung von Ausständen seiner Schuldner ging,
beschreibt Rainer Oberhummer in seiner 2012 als Buch erschienenen rechtswissen-
schaftlichen Dissertation: Er hat die „Civil Streitackten“ zwischen Michael Pfurt-
scheller und Anna Maria Heilig, Witwe des Vorarlberger Landadvokaten Joseph Ma-
ximilian Schmid, ediert und untersucht.176
Die Ausgangslage des Prozesses stellt sich nach Oberhummer folgendermaßen dar:
Schmid sei, so Pfurtscheller, im Jahr 1802 von der Handelsfirma „Johann Volderau-
ers Erben“, die, wie bereits an anderer Stelle erörtert, nach dem Tod seines Stiefvaters
Johann Volderauer in den Händen Michael Pfurtschellers lag, beauftragt worden, bei
drei Vorarlberger Schuldnern Ausstände in Höhe von insgesamt 734 Gulden und 51
Kreuzern einzutreiben. Dies sei jedoch nicht erwartungsgemäß erfolgt. Nun, im No-
vember 1827, nachdem Schmid verstorben war, klagt Pfurtscheller daher, vertreten
durch den im Landgericht Bregenz angestellten Advokaten Stephan Pircher, gegen
die Alleinerbin Schmids, Witwe Anna Maria Heilig, auf Rechnungslegung über die
Inkassobemühungen ihres verstorbenen Mannes und auf Kostenersatz. Die Geklagte
wiederum bestreitet, dass ein solcher Inkassoauftrag überhaupt jemals erteilt worden
sei, geschweige denn ihr Mann einen solchen angenommen habe. Pfurtscheller habe
daher von ihr weder Rechungslegung noch Kostenersatz zu fordern.177
175 Vgl. Joseph von Stolz beantwortet Fragen zum Stubaital, o. D. [1807], Statistische Nachrichten
vom Thale Stubay, zusammengestellt von Andreas Alois Dipauli, TLMF-Bib., Dip. 1035/III, Teil
A, Nr. 7 u. 10; sowie: „Nachträglicher Bericht“ von Joseph von Stolz, 15. Oktober 1807, TLMF-
Bib., Statistische Nachrichten vom Thale Stubay, Dip. 1035/III, Bl. 12–16. – Andreas Alois Dipauli
spricht 1814 davon, dass sich in den Jahren zuvor tatsächlich bereits einige verarmte Schmiede
zur Auswanderung genötigt gesehen hätten. (Vgl. Andreas Alois Dipauli, „Bemerkungen auf einer
kleinen Fußreise in die Umgebungen von Innsbruck, im J. 1814. Von Andr. Alois de Pauli, k.k.
Appellationsrath.“, TLMF-Bib., Dip. 692/IV, S. 11.)
176 Vgl. Rainer Oberhummer, Ratsprotokolle oberste Justizstelle Tyrol-Vorarlberg. Senat 1814–1844,
Bd. 6: „Civil Streitackten zwischen Michäl Pfurtscheller und Anna Maria Heilig verwittwete
Schmied pto Rechnung“. Vom Landgericht Bregenz über das Appellationsgericht Innsbruck bis zur
Obersten Justizstelle in Wien: Darstellung und Erläuterung eines alle drei Instanzen durchlaufenden
tirolisch-vorarlbergerischen Zivilrechtsaktes aus den Jahren 1827 und 1828, Innsbruck 2012.
177 Vgl. ebd., S. 118–245. – Auf diesen Seiten findet sich die Edition der Prozessakten von der ersten
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Ein Bürger unter Bauern?
Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Titel
- Ein Bürger unter Bauern?
- Untertitel
- Michael Pfurtscheller und das Stubaital 1750–1850
- Autor
- Michael Span
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20144-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 470
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Jugend- und Ausbildungsjahre 41
- 3. „Landesverteidiger“ und Schützenkommandant 55
- 3.1. 1797 58
- 3.2. 1799/1800, 1805 77
- 3.3. 1809 88
- 3.3.1. Der europäische Rahmen 88
- 3.3.2. Die bayerische Regierung 89
- 3.3.3. Das Stubaital und die bayerische Regierung 92
- 3.3.4. Michael Pfurtscheller im Vorfeld der Tiroler Erhebung 113
- 3.3.5. Michael Pfurtscheller als Akteur im Erhebungsjahr 122
- 3.3.5.1. Die „Bauern“ erobern Innsbruck 124
- 3.3.5.2. Ausschreitungen und Plünderungen in Innsbruck 133
- 3.3.5.3. Die Kapitulation Bissons 141
- 3.3.5.4. Pfurtscheller und die Organisierung der Landesverteidigung 149
- 3.3.5.5. Unterwegs mit dem Landsturm 154
- 3.3.5.6. Die Kapitulation der Innsbrucker Schutzdeputation und Michael Pfurtscheller 163
- 3.3.5.7. Deputationen nach München und Wien 170
- 3.3.5.8. Die Kämpfe am Bergisel im Mai 172
- 3.3.5.9. „Zwischenkriegszeit“ 180
- 3.3.5.10. Die Kämpfe im August 185
- 3.3.5.11. „Hofers Regiment“ 194
- 3.3.5.12. Fortsetzung des Widerstandes trotz des Friedens von Schönbrunn 201
- 3.3.5.13. Die Pazifizierung des Stubaitales 217
- 3.3.5.14. Exkurs: Das Stubaital als Rückzugsraum für Flüchtlinge 223
- 3.3.6. Der Aufstand im Innkreis 1813 und die Zurückhaltung der Stubaier 225
- 3.4. Erbhuldigung 1838 236
- 3.5. 1848 251
- 4. Michael Pfurtschellers Stellung in Dorf und Tal 287
- 5. Familie Pfurtscheller 315
- 6. Michael Pfurtscheller und die Stubaier Wirtschaft 359
- 6.1. Wirtschaftliche Grundvoraussetzungen des Stubaitales 359
- 6.2. Zahlen und Daten zur Stubaier Wirtschaft 363
- 6.3. Michael Pfurtscheller als Handelsmann 383
- 6.4. Michael Pfurtscheller als Wirt 410
- 6.5. Pfurtschellers Krämerei 422
- 7. Schlussbemerkungen 425
- 8. Anhang 435